Wo ist Gott im Schrecken?

Die Nachrichten der letzten Wochen sind so aufregend, so erschütternd, dass sie politische Einstellungen umwerfen, Parteien und Völker zur Einheit zwingen, neue Denkweisen schaffen. Und wie ist es mit dem Religiösen? Ganz ungewöhnlich ist es, dass ein Präsident in der Todesnot seines Landes zum Gebet aufruft. Dass es der Papst tut, ist selbstverständlich, nicht aber, dass er in die Botschaft des Angreifers geht. Aber hilft beten gegen Panzer und Raketen? Anscheinend kaum! Da kann man durchaus hören: Wo ist dieser Gott, der Allmächtige? Warum greift er nicht ein? An diesen Gott kann ich nicht glauben und an die Kirche schon gar nicht. Wir tun uns schwer, Gott zu verteidigen, noch weniger die Kirche. Als Christen sind wir auf Jesus verwiesen, wenn von Gott die Rede ist. Als er den Untergang Jerusalems vorhersah, weinte er. Er weinte auch um seinen toten Freund. Gott wird traurig wie wir und noch mehr um all das Leid, das in diesen Tagen Menschen widerfährt, um die jungen Männer im blühenden Alter, die einander töten müssen, um die Kinder, Mütter und Väter, die unter den Bomben zittern, um die zerstörte Heimat, um das verlorene Glück. Das Schicksal und der Schrecken lassen uns nicht kalt. Wir lernen wieder zu trauern, das wir bei überschießendem Wohlstand verlernt hatten. Wer trauert in unserem Land um Familien, die ohne Feindeinwirkung zerbrechen, um die verlorene Geborgenheit der Kinder, um die Verzweifelten, die keinen Ausweg als die eigene Tötung sehen, um die Missbrauchten, um die einstürzende Kirche? Aber was bringt das Trauern? In therapeutischen Gesprächen ist es die Wende der aussichtslosen Situation. Trauern heißt den Schmerz zulassen. Tränen lösen die Erstarrung im Schmerz. Tiefere Gefühle steigen auf, die eine neue Sicht der Dinge und neue Energie zum Handeln bringen. Es kommt etwas in Bewegung, ein Aufbruch zum Leben, neue Hoffnung. Es geht innen weiter, selbst wenn außen alles versperrt ist. Das alte Wort dafür heißt Trost. „Selig die Trauernden, sie werden getröstet werden"(Mt,5,4) gilt allen, die sich diesem Geschehen aussetzen.

 

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