7.Sonntag der Osterzeit A

Sie alle verharrten einmütig im Gebet

Lesung aus der Apostelgeschichte
12 Als Jesus in den Himmel aufgenommen war, kehrten die Apostel vom Ölberg, der nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück.
13 Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelot, sowie Judas, der Sohn des Jakobus.
14 Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern.

2.Lesung 1 Petr 4, 13 - 16

Freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus
Brüder!
13 Freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt; denn so könnt ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln.
14 Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr selig zu preisen; denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes, ruht auf euch.
15 Wenn einer von euch leiden muss, soll es nicht deswegen sein, weil er ein Mörder oder ein Dieb ist, weil er Böses tut oder sich in fremde Angelegenheiten einmischt.
16 Wenn er aber leidet, weil er Christ ist, dann soll er sich nicht schämen, sondern Gott verherrlichen, indem er sich zu diesem Namen bekennt.

Evangelium Joh 17, 1 - 11a

Vater, verherrliche deinen Sohn!

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
In jener Zeit
1 erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist da. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht.
2 Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.
3 Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast.
4 Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast.
5 Vater, verherrliche du mich jetzt bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war.
6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir, und du hast sie mir gegeben, und sie haben an deinem Wort festgehalten.
7 Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist.
8 Denn die Worte, die du mir gegeben hast, gab ich ihnen, und sie haben sie angenommen. Sie haben wirklich erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast.
9 Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir.
10 Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht.
11a Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir.


Die Stunde, in der die Sonne aufgeht

„Die Stunde ist gekommen”, können wir sagen, wenn wir in eine entscheidende Prüfung gehen, aber auch, wenn uns eine Nachricht trifft, die uns umzuwerfen droht. Dies kann sein, dass der Mensch, der uns am nächsten steht, ernsthaft erkrankt ist, oder dass wir selbst von einer gefährlichen Krankheit bedroht sind oder dass uns jemand, auf den wir alles gesetzt haben, zutiefst enttäuscht. In solchen Momenten gibt es kein Ausweichen, kein Aufschieben und Beiseite - Schauen. Wir können uns dem Ernst der Situation nicht mehr entziehen. Wir sind unmittelbar betroffen. So ist es bei Jesus, als er diese Worte spricht. Er ist sich des Ernstes der Situation voll bewusst. Genau an dieser Stelle sagt er: „Vater”. Bei dem Wort „Vater” werden wir erinnert an die Sätze Jesu vom Vater, der für die Vögel des Himmels und für die Lilien des Feldes sorgt, noch mehr aber für die, welche sich ihm anvertrauen; der darum weiß, wenn ein Spatz vom Himmel fällt, der es auch für die Sünder regnen lässt, der seine Sonne auch den Gottlosen gönnt. Wir dürfen auch an den Vater denken, dessen leidvolle Geschichte Jesus erzählt: Wir können uns vorstellen, wie er am Tor steht und nach seinem Sohn Ausschau hält und dessen Freude beim Wiedersehen so groß ist, dass er das beste Kalb schlachten lässt. Mit der Anrede „Vater” öffnet Jesus eine Welt des Vertrauens und der Geborgenheit.

Erinnerst sei auch an jene Szene aus dem Leben des heiligen Franziskus, als sein Vater vor dem Bischof von ihm sein Geld zurückfordert. Für den jungen Mann war nun auch seine Stunde gekommen. Er gibt nicht nur das Geld sondern auch die Kleider zurück mit den Worten: „Bisher habe ich „Vater Bernardone“ gesagt, jetzt sage ich nur noch „Vater im Himmel“. Mit der Kleidung gibt er auch alles her, was er bisher in den Augen der Bürger der Stadt war. Er ist nicht mehr der Sohn des reichen Kaufmanns, auf dessen Kosten er gelebt hat. Er ist kein Kleriker, kein Mönch, kein Handwerker, noch lange nicht ein Heiliger, eher ein Verrückter, eigentlich ein Niemand, aber ganz und gar Franziskus, der sich der absoluten Güte und unantastbaren Freiheit ausliefert.

Es ist, als ob eine innere Sonne aufgehen würde, wenn Jesus dieses Wort in den Mund nimmt. Von dem russischen Einsiedler und Mystiker Serafim von Sarow wird berichtet, dass einmal ein Besucher wissen wollte, was die Kraft des Heiligen Geistes sei. Der Einsiedler sagte  auf den Wunsch hin nur: „Schau mir ins Gesicht! Was siehst du?” Der Besucher blickte in diesem Augenblick in eine Sonne. Aus den Augen des alten Mannes fuhren Blitze.

Wir dürfen vermuten, dass den Worten Jesu „Verherrliche du mich!” (Joh 17, 5) eine ähnliche Erfahrung zugrunde liegt. Der Evangelist Matthäus berichtet sogar, dass auf einem Berg das Gesicht Jesu wie die Sonne leuchtete (Mt 17, 1-9).
Wenn Jesus sagt, dass er Macht über jeden Menschen hat, dann ist nicht an eine Macht zu denken, mit der er anderen seinen Willen aufzwingt und sie für seine Zwecke einspannt. Es ist vielmehr eine Macht, der man sich anvertrauen kann, die einen bei der Hand nimmt und weiterführt, eine Macht, welches das Innerste eines Menschen öffnen kann. Es ist der Zugang zum Herzen mit der Absicht, dieses reich zu beschenken.

„Ewiges Leben” nennt Jesus das, was er dem einzelnen geben will. „Ewiges Leben“ ist heute aber gar nicht gefragt. Eher schon „langes Leben” und „gesund leben.” Die meisten meinen, „ewig” habe nur mit dem zu tun, was nach dem Tod kommt. Das ist weit weg und darum braucht man sich heute nicht zu kümmern. Doch „ewig“ ist jetzt! Es ist ein Zustand, der uns jetzt schon berührt. Es gibt Erlebnisse, die von einer solchen Dichte und Faszination sind, dass die Zeit keine Rolle mehr spielt. Es sind die Augenblicke unseres Lebens, wo wir unser Inneres füreinander öffnen. „Ewig“ hat deshalb mit der Fülle des Lebens im Jetzt zu tun.

Die höchste Steigerung erleben Menschen, die sich von der Atmosphäre Jesu ergreifen lassen. Was Jesus mit „ewigem Leben” meint, ist dem Aufgehen der Sonne vergleichbar. Es wird hell und warm in uns selbst und bei den Menschen, denen wir uns zuwenden. Weil wir mit uns selbst im Reinen sind, können wir eine wohlwollende und verstehende Güte ausstrahlen. Wir lassen uns nicht von dunklen Emotionen anstecken, selbst wenn unsere moralische Entrüstung über geschehenes und bestehendes Unrecht berechtigt erscheint. Wir bekommen wie die aufgehende Sonne eine andere Sicht der Dinge. Wir sind nicht mehr dem, was auf der Erde geschieht, unmittelbar verhaftet. Wir müssen uns nicht mehr in Rechthaben, in Streitigkeiten um Vorteile und Positionen verheddern. Wir bekommen wie die aufgehende Sonne einen Weit- und einen Überblick. Wir nehmen einen anderen Standpunkt ein und bekommen eine neue Perspektive. Es ist eine Wandlung vom Grund unseres Daseins aus, in den Wurzeln unserer Existenz. So war es bei Paulus, der in seinen Briefen ausführlich über seinen inneren Weg zu Christus berichtet. So war es bei Franziskus, der nur aufgrund des geschenkten, neuen Lebens das Außergewöhnliche tun konnte. Von ihm sagen seine Freunde, dass sein Leben wie der Einzug des Frühlings in die Welt war, dass es der Sonne glich, die der Erde näher kommt.