Christkönigssonntag - Lesejahr C

Liturgische Texte: www.erzabtei-beuron.de/schott

1.Lesung: 2 Sam 5,1 - 3

2.Lesung: Kolosser 1,12 - 20

Evangelium: Lukas 23,35 - 43


Die letzten Worte

Das Christkönigsfest scheint unserem Verstehen fremd zu sein. Die Bezeichnung „König“ für einen Herrscher stammt aus einer Zeit, als dem Königtum auch die entsprechende Macht zukam, als der römische Cäsar über ganz Europa und den Vorderen Orient gebot. Wir sind nicht mehr mit einem Kaiser oder König aufgewachsen. Die noch bestehenden Monarchien sind schon längst entmachtet. Man sollte klar sehen: der Titel, mit dem Christus bezeichnet wird, meint keine politische und militärische Macht! Das heutige Fest geht zurück auf das vorige Jahrhundert, als es galt, einem kämpferischen Atheismus und einer blutigen Ideologie die Kraft des Glaubens entgegenzusetzen. Eines ist gewiss: Wir dürfen den Titel „König” nie wörtlich als Inbegriff der Machtausübung verstehen. Er ist ein Bild für eine andere Art des Wirkens, des Einflusses und der Bedeutung für andere.

Dazu kann uns der heutige Text Aufschluss geben. Es geht um die letzten Worte Jesu. Erinnern wir uns an die letzten Worte eines Angehörigen, des Vaters, der Mutter. Sie sind uns besonders wichtig und bleiben uns im Gedächtnis. Wir wiederholen sie mit besonderer Ehrfurcht und Aufmerksamkeit. Der letzte Gedanke, das letzte Empfinden und auch der beim Notar hinterlegte, sogenannte „letzte Wille“ sagen etwas aus über das Wesen dieses Menschen, was ihn bewegt, wie er gefühlt hat, was ihm wichtig war, was ihm die Nahestehenden bedeutet haben. In den Orden ist es üblich, jeden Abend das Gedächtnis der Toten mit einer kurzen Lebensbeschreibung zu verlesen. Bei einem Mitbruder heißt es: Seine letzten Worte waren: „Ich gehe zu Gott. Wie freue ich mich.“ Er sagt das, wofür er gelebt hat, zum letzten Mal. Das Sprechen in der Todesstunde geschieht in totaler Ohnmacht, aber es hat Kraft und Wirkung. Ein Sterbender kann niemand mehr seinen Willen aufzwingen. Selbst seine Erbschaft kann man verweigern, aber die letzten Worte können weiterwirken und großen Einfluss nehmen. Sie üben keinen Druck aus, aber sie können die Herzen bewegen. Es geschieht aus Liebe, weil uns der Verstorbene nahe stand oder einfach aus Respekt und Achtung vor einem Verstorbenen.

Auf diesem Hintergrund dürfen wir uns den letzten Worten Jesu nähern: „Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein“ ( Lk 23,43). Er spricht sie in einer totalen Ohnmacht, in der Ablehnung und Verachtung der führenden Leute seines Volkes, als Opfer eines Missverständnisses, als ob er der damaligen Weltmacht die Herrschaft streitig machen wollte. Ja er ist ein König, der aber auf einer ganz anderen Ebene seine Herrschaft aufbaut als die römischen Cäsaren, nicht auf Befehle sondern auf der Kraft, die durch sein Sterben frei wird. 

In seinen letzten Worten, die Lukas überliefert, ist diese Kraft wirksam. Stellen wir uns vor, wir selbst sind die, welche  diesen Satz in unserer letzten Schwäche und Ohnmacht hören. Es würde bedeuten, dass alle Angst wie weggeblasen ist, dass uns eine innere Gewissheit und Freude erfüllt, ein Friede und ein Zustand des Glücks, um den wir ein ganzes Leben gerungen, gekämpft, gehofft und gebetet haben. Es ist das Gefühl, dort angekommen zu sein, wonach wir uns immer gesehnt haben, ein Zustand, den wir geahnt, aber nie erreicht hatten. Personen, die andere in den Tod begleiten, berichten, dass sie dies bei Sterbenden tatsächlich so wahrgenommen haben. Sie sind an dem Punkt angekommen, auf den hin sie mit ihrer Sehnsucht und Hoffnung bezogen waren. Hinter dem Prozess, in dem wir zu dem geworden sind, als die wir uns jetzt verabschieden, steht eine Kraft, die uns anzieht, der wir uns anvertrauen können. Diese ist Christus selbst. Er ist die Mitte der Welt, auf die hin alles geschaffen ist. So darf man den Titel „Christkönig“ verstehen. Mitte ist dort, wo ich mit Interesse und Begeisterung dabei bin, wo die Seele lebendig wird, wo ich ganz ich selbst  bin. Es ist der Punkt in uns, um den sich alles dreht und der alle zusammenführt. Es ist die Stelle, wo wir uns selbst, den Menschen, der Schöpfung und Gott zugleich nahe sind, wo das Glück unbegrenzt wird. Der heilige Franziskus war dort, als er den Lobpreis auf die Schöpfung sang.

„Das letzte Wort wird Liebe sein“ ist der Titel, den die Ordensfrau und Ärztin Ruth Pfau ihrem Buch über ihren Einsatz  in Pakistan gegeben hat. Sie hat ein gewaltiges Werk für die Würde und Pflege der Leprakranken aufgebaut und das in einem Land, wo eine Frau als minderwertig gilt. All das Gute, das sie getan hat und das weiterhin auf ihre Anregung geschieht, zeigt  am eindrucksvollsten, was gemeint ist, wenn Christus in der Mitte der Welt regiert.