7. Sonntag im Jahreskreis  C

Erste Lesung:                  1 Sam 26, 2.7-9.12-13.22-23

Zweite Lesung:                1 Kor 15, 45-49

Evangelium:                     Lk 6, 27-38

Liturgische Texte: www.erzabtei-beuron.de/schott

 

Das unmögliche Gebot

Wiederum konfrontiert uns heute Jesus mit einer Forderung, die uns ratlos macht. Wir sollten einem Menschen, der uns schweren Schaden zugefügt hat, unter dem wir heute noch leiden, nicht nur nichts Böses antun, sondern auch noch schätzen, achten ,sogar noch Gutes tun! Da da stehen alle Gefühle dagegen. Die Feindesliebe scheint unmöglich. Es führt nicht weiter nachzuweisen, wie wenig dieses Gebot von denen, die sich auf Jesus berufen, befolgt wurde, welch geringe Rolle es spielt , wenn es um Konflikte, um Macht und Recht haben in den eigenen Reihen geht. Es bringt aber mehr anzuerkennen, dass dieses hohe Ideal tatsächlich erfüllt wurde, und zu schauen, wie es gelingen konnte und welchen Weg es aus heue dazu gibt.. Dazu hilft es, einen Blick in die Persönlichkeit Jesu zu tun, der diese unschätzbaren Worte gesagt hat. Wie hat er gedacht, was war ihm wichtig, von welchen Motiven war er beseelt? Nach den Berichten der Evangelisten öffnete sich bei der Taufe Jesu der Himmel und es kam der Geist Gottes über ihn. Dies geht einher mit der Stimme „Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich mein Gefallen"(Lk 3.22). Das heißt nichts anderes als: Jesus ist mit Gott eins, er ist ganz und gar ergriffen von der Kraft und vom Wesen Gottes. Weil Gott die Liebe selbst ist, spürt Jesus in diesem Augenblick nur noch Liebe. Es ist der Heilige Geist, der in der Gestalt einer Taube herabkommt, und als die Liebe wie Feuer wirkt. So geschieht es auch an Pfingsten. Der Heilige Geist verteilt sich auf die Jünger in Form von Feuerflammen. Es wird die Erfahrung bestätigt, dass Liebe wie Feuer brennen kann. Es sei auch an das Gebet erinnert: „Komm Heiliger Geist in die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!." Die französische Mystikerin Jeanne Guyon spürte die Liebe Gottes wie ein brennendes Feuer, das sie in eine totale Wachheit versetzte, allen Schlaf raubte und sie so veränderte, dass sie sich selbst nicht mehr kannte und ihrer Umgebung als ein anderer Mensch erschien.

Von Jesus dürfen wir annehmen, dass in ihm dieses Feuer in einer für uns unvorstellbaren Weise brannte, dass er eine unsagbare Freude in sich trug, ein absolutes Ja zu sich selbst, zu jedem Menschen und zur Schöpfung; dass er eine Atmosphäre um sich verbreitete, wo man aufatmen konnte, welche gerade die vom Leben Benachteiligten und Belasteten anzog. Deshalb strömten sie von allen Seiten zu ihm, sie drängten sich an ihn, wollten ihn berühren, „weil eine Kraft von ihm ausging, die alle heilte" (Lk 6,19).Er hatte etwas an sich, dass die in seiner Nähe sich wie verwandelt vorkamen und nur noch staunen konnten. So frei, so leicht, so ohne Sorge und Ängste hatten sie sich noch nie gefühlt, so etwas Schönes hatten sie noch nie erlebt. Die folgende Rede Jesu dürfen wir als Ausdruck dieser Situation sehen. Seine Worte sprechen das aus, was in diesen Stunden geschieht. Es fällt auf, dass Jesus die Anwesenden unmittelbar anspricht: „Selig ihr Armen (Lk6,21) und „Euch, die ihr mir zuhört, sage ich"(Lk6,27). Weil die Zuhörer etwas von seiner inneren Befindlichkeit, von dem Reichtum seines Innern spüren, kann er ihnen auch sagen, wie man sich verhalten soll, um diesen Zustand zu erhalten und zu vermehren. Wer so von Freude angefüllt ist, in dem kreisen keine Fantasien über erlittenes Unrecht, wie man Rache nehmen und dem Feind schaden kann. Wer voll in die Atmosphäre Jesu eingetaucht ist - trägt in sich eine Sicherheit, dass ihn Anfeindungen nicht mehr verletzen. Er wird so stärker als seine Umgebung. Die schon erwähnte Mystikerin wurde verleumdet und zu Unrecht von kirchlicher Behörde ins Gefängnis geworfen. Selbst eine solche Behandlung konnte ihre Liebe zur Kirche nicht brechen. Sie wurde nicht verbittert und reagierte nicht polemisch. Der heilige Franziskus hatte sich den Fluch seines Vaters zugezogen, die Leute der Stadt verspotteten ihn und begegneten ihm nur mit Verachtung. Das konnte ihm seine Freude nicht nehmen.

Selbst wenn wir nun die menschliche und spirituelle Größe der Heiligen vor Augen haben, drängt sich doch die Frage auf: Was hilft uns in unseren alltäglichen Konflikten an der Arbeitsstelle, im ganz privaten Bereich der ehelichen Verbindung und partnerschaftlichen Beziehung, im Raum der Kirche und der großen Gesellschaft?

Im Rahmen unseres Glaubens werden wir aufgefordert, unserem Feind zu verzeihen. Selbst wenn wir das mit festem Willensentschluss tun, gehen doch die Gefühle ihre eigenen Wege. Wir können sie nicht ausreißen und auch nicht aufkleben. Wir ertappen uns, dass Abneigung, sogar Wut und Zorn immer wieder aufsteigen, solange der Konflikt nicht gelöst ist, solange angetanes Unrecht immer noch schmerzt. Gewöhnlich wird zu einem Gespräch geraten mit einem geübten, fachkundigen Leiter. Dies setzt guten Willen und Einsicht auf beiden Seiten voraus. Häufiger geschieht es, dass diese Bedingungen nicht gegeben sind und wir allein zu einer Lösung kommen müssen. Einen wichtigen Hinweis können wir den großen Gestalten durchaus entnehmen nämlich: Wir können stärker werden als der Konflikt!

Wir können soweit kommen, dass uns ein böses Wort, eine Verachtung und Entwertung nicht mehr so tief verletzt, sogar ganz aufhört zu nagen. Bei allen Auseinandersetzungen ist es hilfreicher, bei sich selbst zu bleiben, anstatt ständig am Versagen und an der Schlechtigkeit der andern haften zu bleiben. Das bedeutet, seine Wunden, seine Schwächen und seine durchaus berechtigten, nicht erfüllten Bedürfnisse genauer in den Blick zu nehmen. Genauso gilt es, uns selbst schätzen zu lernen, die Kostbarkeit und den Reichtum in der Tiefe des eigenen Herzens wahrzunehmen. Es ist nicht verkehrt oder demütigend, in diesem Fall die Hilfe eines Therapeuten für sich in Anspruch zu nehmen. Es kann ein Weg werden, in dem wir das Konfliktfeld verlassen und von alten Lasten frei werden. Noch wichtiger ist die Einsicht, dass uns die Kraft Jesu wie damals auf freiem Feld in Galiläa ergreifen wird, wenn wir uns ihr in der Stille und im Gebet öffnen.