Taufe des Herrn

 

1.Lesung Jes 5a.1 - 4.6 - 7

Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, alle Sterblichen werden sie sehen

Lesung aus dem Buch Jesaja

1 Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze; / das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen. Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, / er bringt den Völkern das Recht. 2 Er schreit nicht und lärmt nicht / und lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen.
3 Das geknickte Rohr zerbricht er nicht / und den glimmenden Docht löscht er nicht aus; / ja, er bringt wirklich das Recht.
4 Er wird nicht müde und bricht nicht zusammen, / bis er auf der Erde das Recht begründet hat. / Auf sein Gesetz warten die Inseln.
6 Ich, der Herr, habe dich aus Gerechtigkeit gerufen, / ich fasse dich an der Hand. Ich habe dich geschaffen und dazu bestimmt, / der Bund für mein Volk / und das Licht für die Völker zu sein:
7 blinde Augen zu öffnen, / Gefangene aus dem Kerker zu holen und alle, die im Dunkel sitzen, / aus ihrer Haft zu befreien.

 

 2.Lesung Apg 10,34 - 38

Gott hat Jesus gesalbt mit dem Heiligen Geist

Lesung aus der Apostelgeschichte

34 Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht,
35 sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
36 Er hat das Wort den Israeliten gesandt, indem er den Frieden verkündete durch Jesus Christus; dieser ist der Herr aller.
37 Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden geschehen ist, angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat:
38 wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm.


Evangelium Lk 3, 15 - 16. 21 - 22

Jesus ließ sich taufen; und während er betete, öffnete sich der Himmel

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

15 Das Volk war voll Erwartung und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei.
16 Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
17 Schon hält er die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Weizen in seine Scheune zu bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.
18 Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk in seiner Predigt.
21 Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel,
22 und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.


Die Taufe - das verlorene Sakrament

In der christlichen Unterweisung hat man gehört und gelesen, wie wichtig die Taufe sei und welche wunderbaren Wirkungen sie habe, dass der ganze Glaube auf sie aufgebaut sei. Aber um ehrlich zu sein: Wer von den Hörern und Lesern hat von der Taufe schon etwas gespürt und zwar so intensiv, dass er gerne sein Leben danach ausrichtete?

Wenn wir in den Schriften des Neuen Testaments diesem Wort begegnen, sollten wir uns immer vor Augen halten, dass die frühen Christen ein ganz anderes Verhältnis zur Taufe hatten als wir heute als Kleinstkinder Getaufte. In den ersten vier Jahrhunderten war sie das wichtigste Ereignis, das sie als Erwachsene erlebten. Ihm ging ein längerer Wandlungs - und Bekehrungsprozess voraus, wie ihn beispielhaft der Kirchenlehrer Augustinus in seinen „Bekenntnissen“ darstellt. Gerade an seiner inneren Geschichte wird deutlich, was mit diesem so häufig zitierten und wenig verstandenen Begriff der Taufe gemeint sein kann.

Der Rhetoriklehrer aus Afrika schildert sehr detailliert das Erlebnis, das den endgültigen Ausschlag für seinen Umbruch gab. Er hatte sich mit seinem Freund in ein Landhaus zurückgezogen, um seine Entscheidung auszutragen. Nach einigen Gesprächen, die ihn zuinnerst aufwühlten, zog er sich ganz allein in den Garten zurück, um seinem inneren Prozess freien Lauf zu geben. Da kam etwas in ihm hoch, das er als „schweren Sturm mit Regengüssen“ bezeichnete. Mit anderen Worten: Er hat laut geweint. Es hat ihn gebeutelt und geschüttelt vom Innersten her. Er konnte sich dem inneren Geschehen überlassen. Auf dem Grund dieser Verfassung angekommen schlug er die Schrift des Apostels Paulus auf und stieß auf die Stelle: „Nicht in Schmausereien und Trinkgelagen, nicht in Wollust und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht“. Vielmehr ziehet den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht so, dass es lüstern wird (Röm 13,13-14). Dieses Wort traf ihn, als ob es für ihn ganz persönlich geschrieben sei. Es brachte ihm endgültige Gewissheit und inneren Frieden. Für den Mann aus Tagaste war es der letzte Durchbruch, der ihn zur Taufe führte. Eines sollte deutlich werden: Die damals übliche Taufe - es war ein  Untertauchen - war das Bild dafür, was im Innern eines Neubekehrten geschehen war. Augustinus wurde zuerst „in  die Regengüsse seines inneren Sturms“ eingetaucht, bevor ihn das Taufbecken aufnahm. Mit anderen Worten: Die Tränen waren seine ursprüngliche und grundlegende Taufe. Er wurde von innen her ein anderer. Es war ein Eintauchen in die Tiefe seiner Seele und in die Atmosphäre Jesu. Diesen Hintergrund müssen wir sehen, wenn im Neuen Testament von Taufe die Rede ist. Es hat mit tieferen Erlebnissen, mit Erschütterung, mit berührt und ergriffen sein zu tun.

Nun zum heutigen Text: Dem Schriftsteller ist wichtig zu sagen, dass sich auch Jesus einem solchen Geschehen aussetzt. Es würde sich verbieten, von einem Bekehrungserlebnis zu sprechen. Aber es ist doch so etwas wie ein Eintauchen in die Tiefe seiner Seele, in den Urgrund seines Menschseins mit allen Kostbarkeiten und Dunkelheiten. Hier tut sich ein neuer Raum auf. „Da öffnete sich der Himmel“ (Lk 3,21), heißt es. Es ist die Begegnung mit dem Urgrund, den Jesus als seinen Vater anspricht. Wir dürfen hier durchaus Parallelen sehen zu Augustinus und zu manch anderen in der Geschichte. Jesus ist wahrer Mensch, dies wird immer in den Schriften der Tradition betont. Warum sollte nicht auch er wie andere einen solchen Prozess der Gotteserfahrung durchgemacht haben?

Schauen wir noch genauer hin auf den Raum des Erlebens, in den Jesus eingetreten ist. Es fällt das Wort „Liebe.“ „Du bist  mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ (Lk 3,23)
Wollen wir diesen Satz verstehen, ist unsere Erfahrung mit der Liebe angesprochen. Es gibt das Verliebt Sein der jungen Menschen, wo sich ebenfalls der Himmel auftut, es gib die tiefe und kostbare Liebe der Gatten, der Partnerschaft, der Verbundenheit, welche die Seele nach Jahrzehnten noch ergreift. Es gibt die Liebe der Mutter und des Vaters zum eigenen Kind. Wer diese in sich trägt, wird sagen: Es ist die höchste Form der Liebe. Man liebt sein ganz Eigenes und möchte, dass dieser Mensch heranwächst, groß, selbständig und glücklich wird. Es ist die selbstloseste Liebe. Echte Liebe sagt: „Sei du dein! Dann werde ich dein sein!“ So hat es der mittelalterliche Theologe Nikolaus von Kues ausgedrückt, als er Gott in sich spürte. Er hat erkannt, was die Liebe Gottes, was wahre Liebe meint. Im letzten bedeutet sie, dem andern die Freiheit geben, ganz er selbst zu werden. Die Befürchtung, dann gebe es nur noch isolierte Einzelwesen, Individualisten, ist unberechtigt. Die Erfahrung lehrt vielmehr: Wenn zwei Menschen aus der Tiefe ihres Herzens fähig sind, einander anzunehmen und sein zu lassen wie sie sind, dann entsteht zugleich eine Nähe, die wunderbar ist.

Genau das ist es, was uns heute vermittelt werden soll. Gott hat an jedem, jeder von uns sein Gefallen gefunden als seinen geliebten Sohn, als seine geliebte Tochter. Wir sollten die werden, die wir im Innersten schon sind, Kinder Gottes. Das heißt aber nicht Kinder bleiben: sondern Erwachsene im Angesichte Gottes werden, eigenständig denken, eigenständig uns entscheiden und uns bewegen. Jeder soll die Spur Gottes in seinem Leben auf seine Weise finden und damit sein Glück. Wenn dies in Echtheit geschieht, dann verbreiten wir eine Atmosphäre, in die andere gerne eintauchen.