25.Sonntag im Jahreskreis B


1.Lesung Weish 2.1a.12.17 - 20

Lesung aus dem Buch der Weisheit
1 Sie tauschen ihre verkehrten Gedanken aus und sagen:
12 Lasst uns dem Gerechten auflauern! / Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg. / Er wirft uns Vergehen gegen das Gesetz vor / und beschuldigt uns des Verrats an unserer Erziehung. Wir wollen sehen, ob seine Worte wahr sind, / und prüfen, wie es mit ihm ausgeht.
18 Ist der Gerechte wirklich Sohn Gottes, / dann nimmt sich Gott seiner an / und entreißt ihn der Hand seiner Gegner.
19 Roh und grausam wollen wir mit ihm verfahren, / um seine Sanftmut kennen zu lernen, / seine Geduld zu erproben.
20 Zu einem ehrlosen Tod wollen wir ihn verurteilen; / er behauptet ja, es werde ihm Hilfe gewährt.


2.Lesung Jak 3,16 - 4,3

Lesung aus dem Jakobusbrief
16 Wo nämlich Eifersucht und Ehrgeiz herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art.
17 Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedlich, freundlich, gehorsam, voll Erbarmen und reich an guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht.
18 Wo Frieden herrscht, wird (von Gott) für die Menschen, die Frieden stiften, die Saat der Gerechtigkeit ausgestreut.

1 Woher kommen die Kriege bei euch, woher die Streitigkeiten? Doch nur vom Kampf der Leidenschaften in eurem Innern.2 Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. 3 Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in eurer Leidenschaft zu verschwenden

Evangelium Mk 9, 30 - 37

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
30 Sie gingen von dort weg und zogen durch Galiläa. Er wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr;
31 denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen.
32 Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen.
33 Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?
34 Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer (von ihnen) der Größte sei.
35 Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.
36 Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen:
37 Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.


Das Tor zu Neuem

Jesus zieht es von den Menschen weg in die Einsamkeit. Ihn beschäftigt, was auf ihn zukommen wird. Ihm wird immer deutlicher, dass sein Auftrag, das Volk für das Wirken Gottes aufzuschließen, nicht eine Sache der Organisation sein kann. Es hängt nicht davon ab, in wie viele Orte er kommen wird und wie flächendeckend Jünger ausgesandt werden. Er wird bei allem Jubel, den die Leute ihm entgegen bringen, die Erfolgsleiter nicht steil hinan steigen. Das, wozu er gekommen ist, verläuft auf einer ganz anderen Ebene.

Der Durchbruch des Reiches Gottes ist engstens mit seinem eigenen Schicksal verknüpft, mit dem, wie er die Herausforderungen seines Weges annimmt, welche Ängste er überwindet, wie er daran wächst. Mit seinen eigenen Worten gesagt: Wie er den Willen des Vaters erfüllt, wie tief er als Mensch seiner innersten Wahrheit nahe kommt, wie er zu seiner, ihm von Gott bestimmten Größe gelangt.
Aus seiner eigenen Geschichte weiß er: Der Aufenthalt in der Wüste, die Konfrontation mit dem Satan, die Nähe der wilden Tiere und der Engel waren für ihn nötig, um sagen zu können: Das Reich Gottes ist nahe (Mk 1,15). Dies ist mehr als eine Nachricht; er ist es selbst, seine Person, die Atmosphäre, die er verbreitet, die spontane Güte, die er ausstrahlt, das Feuer, das er entzündet, die Aufmerksamkeit und die Betroffenheit, die er auslöst, und der Widerstand, den er erfährt. In dem, wie er auftritt und was er ist, hat er ein Tor geöffnet für ein neues Dasein, für neue Perspektiven im Umgang miteinander; für das, was Menschen erwarten und erhoffen.
Als ihm mehr und mehr Ablehnung entgegenschlägt, wird ihm - so dürfen wir annehmen - gerade in der Abgeschiedenheit bewusst, dass da noch ein Tor zu öffnen ist. Er selbst nennt es „Taufe“ (Lk 12, 50). Er muss noch einmal ganz tief eingetaucht werden in den Bereich, wo die Gegensätze aufeinander prallen. Weil er sich zum ganzen Volk Israel gesandt weiß, muss er sich dessen Führung stellen, ebenso der römischen Besatzungsmacht; er, der ganz aus seiner tiefsten Wahrheit lebt, der die Authentizität in Person ist, muss in der Welt der verdrehten und verstellten Religiosität, der primitiven Emotionen, der Ängste, des Taktierens, der brutalen Macht sein ganz anderes Gesicht zeigen.
Dies wird ihn das Leben kosten. Er wird ein Machtloser sein, ein Ausgelieferter, mit dem man alles machen kann. Aber genau diese Ohnmacht wird das neue Tor öffnen. Jesus sagt: „Der Menschensohn wird auferstehen“ (Mk 9, 31).
Dieser Vorgang ist das „Etwas“, das Geheimnis, worüber Jesus die Jünger belehren will und worin sie ihn nicht verstehen. Gerade weil sie dafür blind sind, streiten sie, wer der erste sei.
Hingegen will sie Jesus auf eine Lebensweise vorbereiten, in der keiner mehr um Rang und Ansehen, um Besitz und Macht zu kämpfen braucht. Es wird eine solche Dichte des Erlebens sein, in der ein lebendiger Austausch der Freude keinen Neid mehr aufkommen lässt. Es ist dann kein Mangel mehr, bei dem man vom andern haben will, was man selbst nicht hat. Jesus wettert nicht vordergründig gegen Ehrgeiz und Eifersucht, sondern will seine Jünger in einen Lebensentwurf einführen, in dem dieses Verhalten überflüssig wird.

Man könnte den Streit um den Rang, der bis heute seine Jünger umtreibt, „kindisch" nennen; denn er ist verständlich bei Kindern, die sich ihres Wertes noch nicht sicher sind und die Anerkennung der Eltern und der Erwachsenen brauchen.
Jesus zeigt nun wie dieses „kindische" Verhalten überwunden wird. Er stellt ein Kind in die Mitte und erweist ihm seine überfließende spontane Zuwendung.
Es ist ein Strom der Herzlichkeit und der Annahme. Jesus will sagen: So ist es, wenn man sich ganz vom Geist Gottes ergreifen lässt. So kann es auch bei euch sein. Durch das Tor, das im Tode Jesu sich auftut, kann die Energie Gottes frei strömen. In der Sprache der ersten Jünger heißt das: „Er hat seinen Geist ausgegossen"(vgl.Apg2, 33). Nach diesem Ereignis sind sie „ ein Herz und eine Seele" (Apg 4,32). Da ist die Frage nach dem ersten oder zweiten Platz erledigt.
Was damals geschah, hat sich durchaus auch einige Male in der Geschichte der Kirche zugetragen. Hier darf man an das Leben der ersten Brüder des heiligen Franziskus denken. Ein mittelalterlicher Schriftsteller berichtet darüber:
„Von welcher Liebesglut waren die neuen Jünger Christi entflammt! Welche Liebe zu frommer Gemeinschaft war in ihnen lebendig! Wenn sie sich nämlich irgendwo trafen oder auf dem Weg irgendwo begegneten, sprang ein Pfeil geistiger Liebe über, der über alle natürliche Zuneigung den Samen einer wahren, höheren Liebe streute.
...Kein Neid, keine Bosheit, kein Groll, kein Widerspruch, kein Argwohn, keine Bitterkeit hatte bei ihnen Platz, vielmehr wohnten große Eintracht, dauernder Friede, Danksagung und Lobgesang bei ihnen...".
In der Schilderung des franziskanischen Ursprungs taucht vieles von dem auf, wovon viele heute träumen:  spontane Herzlichkeit,  Freude und Heiterkeit im Umgang mit einander; eine Kraft, die einander anzieht..
Dem Zusammenleben der jungen Brüderschaft liegt eine gemeinsame Erfahrung zugrunde. Sie waren ergriffen von demselben Geist, der beim Gespräch, beim Gebet und bei der Eucharistie immer neu aufbricht. Man wird rücksichtsvoll im Umgang miteinander und achtet auf die Freiheit und Eigenart jedes Einzelnen.
Man stelle sich die Atmosphäre vor, von welcher der Biograf berichtet: Sehnsucht, zusammenzukommen; Freude, zusammen zu sein; Zuversicht, Eintracht, Friede, Danksagung und Lobgesang. Dies ist möglich, wenn sich die Seelen in der Tiefe begegnen.