Glaube und seelische Gesundheit

Seelische Gesundheit heißt, Freude haben am Leben, sich entfalten und einander guttun.  Seelische Gesundheit erkennt man an den Gesichtern: ob helle, strahlende oder dunkle, bedrückte. Es sind vor allem die Augen, welche den Zustand der Seele ausdrücken. Die Gesundheit der Seele bedeutet, dass Beziehungen gelingen, dass man Freude hat an der Arbeit. Man spricht von psychischen Störungen- kaum von Seelischer Krankheit- , wenn die Beziehungs- und Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist.
Nach einem Bericht vom Donaukurier
steigt die Fehltagezahl wegen psychischer Erkrankungen
von1997-2019 um 239 Prozent
„Die Zahl der Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen ist einer Studie der Krankenkasse DAK zufolge in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Kasse verzeichnete von 2000 bis 2019 einen Anstieg der Ausfalltage aufgrund von Depressionen um 184 Prozent, wie der „Spiegel" berichtete. Die Fehlzeiten wegen anderer Angststörungen stiegen um 205 Prozent-, Ausfälle wegen Reaktionen auf
schwere Belastungen und Anpassungsstörungen sogar um 332 Prozent.
Die Zunahme der Arbeitsunfähigkeit wegen psychischer Erkrankungen sei „seit Jahren die bei Weitem auffälligste Entwicklung", zitierte der „Spiegel" aus der Untersuchung.
Von 1997 bis 2019 nahm die Zahl der Fehltage wegen psychischer Erkrankungen demnach um 239 Prozent zu. Ansonsten gab es keinen vergleichbaren Aufwärtstrend. „

Wodurch ist die seelische Gesundheit bedroht?

1.durch Überforderung in der Arbeit; Keine Ruhepausen, schlechtes Klima, ständiger Druck.
2. durch Mangel an ausgleichendem Rückzug in das private Leben mit gelingender Partnerschaft und Familie, in einen Raum, wo sich die Seele erholen kann.

3. Durch Trennung

Die Dunkelheit des Todes
Die Trennung von dem Menschen, der mir einmal der liebste, ein Teil von mir selbst war, greift am tiefsten in die eigene Existenz ein. Es ereignet sich etwas wie eine dunkle Nacht der Seele. Die Lebensfreude ist geschwunden. Es ist nur noch Leere in einem. Das Leid nimmt einen total in Anspruch., Tag und Nacht. Man muss ständig daran denken. Es ist niemand mehr da, der/die sich freut, wenn ich heimkomme, es ist niemand mehr da, den ich fragen könnte, wie man die Dinge macht. Man kann nicht mehr mitmachen bei Veranstaltungen, bei Festlichkeiten oder gar Vergnügen, weil die innere Stimmung nicht passt. Manche Leute gehen einem aus dem Weg, auf die andere Straßenseite, weil sie nicht wissen, was sie sagen sollten. Es bedeutet ein Stück Isolierung oder auch seelische Quarantäne.
Früher hat man auch eine dunkle Trauerkleidung angezogen, um die Dunkelheit der Seele auszudrücken, die Stimmung, wie es um einen steht, und um die Erlaubnis zu bekommen, traurig zu sein.. Wie der Körper braucht auch die Seele den Rückzug und Zeit zur Heilung. Es ist wichtig, dass man trauern darf, dass man bei einer Trauerfeier, bei einer Beerdigung weinen darf. Hinter einer Depression steckt oft eine nicht zugelassene Trauer.
Trennung durch Scheidung. Wenn eine Beziehung zerbricht, ist der Einbruch in die eigene Identität ähnlich wie beim Todesfall, aber die Trauer ist wesentlich schwieriger. Mit dem Schmerz des Verlustes mischen sich Zorn, Wut, Enttäuschung, Bitterkeit, die oft ein ganzes Leben anhalten und auf die Kinder übertragen werden. Es zeigt sich, wie man über den Ex-Mann, die Ex-Frau vor den Kindern spricht. Selbst wenn man sich beherrscht, spüren die Kinder die Ablehnung. Wie soll das Kind eine Beziehung zu Vater oder Mutter finden, den es nur alle 14 Tage den einen Elternteil sehen darf.

Die Dunkelheit der Depression:
Es ist ein Zustand, der scheinbar ohne äußere Ursachen plötzlich über einen kommt. Ich denke an einen Mann, Mitte fünfzig, eine gute gelingende Ehe, drei erwachsene Kinder leitende Funktion beim Finanzamt, im Stadtrat, in der Kirche engagiert, nach außen keine Probleme! Nach einer Augenoperation wird er die Angst nicht los, er würde blind. Sobald er aufwacht, schüttelt ihn die Angst und zwar so, dass er zittert und meint den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ihm ist, als ob er in ein Zimmer mit vier verschlossenen Türen eingesperrt sei. Es ist ein Gefühl von Wertlosigkeit, als ob alles, was man bisher geleistet habe, nichts sei, als ob man niemand wäre, als ob man wie in nichts aufgelöst sei. Diesen Zustand kann man nicht einfach abschütteln, auch nicht auf gute Ratschläge hin wie „Nimm es doch nicht so ernst. Du hast doch überhaupt keinen Grund traurig sein. Treibe Sport wie früher" Aber dazu sind ihm die Füße zu schwer. Alles kostet eine Riesenanstrengung. Genau das ist es, was er nicht kann. Statt zu sagen: „Ich habe eine Depression", ist es richtiger zu sagen: „Die Depression, der Komplex hat mich". Das hat den Vorteil, dass ich mir keine Vorwürfe zu machen brauche, dass ich eher Opfer bin als Täter. Diese Sicht kann entlasten.
Die Dunkelheit der Krise
Es gibt auch Krisen, die nicht so schwerwiegend in Erscheinung treten, die aber doch ein Leben schwer beeinträchtigen. Es zeigt sich, dass man keine Lust mehr hat an der Arbeit, am Zusammensein, in der Freizeit etwas zu unternehmen. Es ist die Frage nach dem Sinn
Die Diagnose des nahen Todes Was ist, wenn einem gesagt wird: Die Metastasen sind schon auf den ganzen Körper verteilt. Es ist aussichtslos noch zu operieren? Es ist der Ernstfall, dem ich nicht mehr ausweichen kann , wo nicht mehr um andere trauere, sondern um mich selbst trauern muss .Es braucht Zeit und einen intensiven Prozess der Wandlung, bis man zur unausweichlichen Tatsachen auch innerlich Ja sagen kann und dabei nicht verbittert wird. Die Sterbeforscherin Kübler-Ross unterscheidet fünf Phasen dieses Prozesses: Nicht wahrhaben wollen, Zorn, Verhandeln, Depression, Zustimmung.

Heilung durch den Glauben?


Wie wird die Seele wieder hell? Wie komme ich aus dem Dunkel?
Es geht darum, die Seele neu zu entdecken!

Die Antwort, die im kirchlichen Raum als Auftrag der Verkündigung verbreitet ist, lautet: Du musst halt glauben" „Glaube nur!" Das hat auch Jesus gesagt! Aber was ist, wenn der/die Betroffene, Trauernde nicht glauben kann? Man fühlt sich in seinem Schmerz nicht ernst genommen noch weniger durch den Tod Christi erlöst. Der bloße Hinweis ändert daran nichts. Der Psychiater C. G. Jung musste dies vor 100 Jahren bei seinen Pateinten feststellen "Was wird aber, wenn er (der Arzt, der Seelsorger) nur allzu deutlich sieht, woran sein Patient krankt, dass er keine Liebe hat, sondern bloß Sexualität, keinen Glauben, weil ihn die Blindheit schreckt, keine Hoffnung, weil ihn Welt und Leben desillusioniert haben, und keine Erkenntnis, weil er seinen eigenen Sinn nicht erkannt hat Der Glaube ist an das Erlebnis gebunden, an etwas, das ich nicht machen oder willentlich herbeiführen kann, aber ich kann mich dem Erlebnis nähern, sich dafür bereit machen. Das heißt nichts anderes als die Frage ernst nehmen:

Wie komme ich zum Glauben an Gott?

Wo ist Gott in einer säkularisierten Gesellschaft zu finden, unter Menschen, die vergessen haben, dass sie Gott vergessen haben? Hilfreich ist hier der evangelische Theologe Paul Tillich, der das Thema Gott so ausspricht: Gott ist das Symbol für das, was mich unbedingt angeht.
Glauben heißt ergriffen sein von dem, was mich unbedingt angeht. Was am angeht, betrifft, berührt, sind die wichtigsten Momente in Leben: Geburt, Hochzeit, Tod - aber auch Krisen, Trennung, Trauer, Krankheit.

Unabhängig von Tillich kommt Jung zu demselben Ergebnis, wenn er zur Heilung der Seele folgendes sagt: „Die Psychoneurose ist ein Leiden der Seele, die ihren Sinn nicht gefunden hat.... Der Kranke sucht das, was ihn ergreift und der chaotischen Verworrenheit seiner Seele sinnvolle Gestalt verleiht" . Sinn kann man nicht machen, sondern er geschieht, er muss einen ergreifen.

Sinn ereignet sich in der Erfahrung, ergriffen zu sein von einem Ereignis, von Musik, von einem Gottesdienst, vom Dasein miteinander, von der Liebe! Ergriffen sein bedeutet: Das Schweigen, die Stille ist erfüllt, sodass jedes Wort zu viel ist. Die alles übertönende Ablenkung, z,B. Smartphone ist einmal abgeschaltet. Deshalb die Übung der absoluten Stille, die im Zen geübt wird, ein wesentlicher Zugang zur Sinnerfahrung, die einen auch tagsüber begleitet, im Zusammensein, in der Arbeit und in der Freizeit.
Dieses Erleben nennt Jung die religiöse Einstellung! Dazu sagt er: „Das Problem der Heilung ist ein religiöses Problem.... Unter allen meinen Patienten jenseits der Lebensmitte, das heißt jenseits 35, ist nicht ein einziger dessen Problem nicht das der religiösen Einstellung wäre. Ja, jeder krankt, dass er das verloren hat, was lebendige Religionen ihren Gläubigen zu allen Zeiten gegeben haben und keiner ist wirklich geheilt, der seine religiöse Einstellung nicht wirklich erreicht hat ."

Wer ergreift?
Die gute Botschaft ist: Es sind Selbstheilungskräfte am Werk. Es gibt ein Zentrum außerhalb unseres Bewusstseins, das anzieht, ordnet heilt, das Wachstum verleiht, die Träume schickt. Jung spricht von Archetyp des Gottesbildes. die Mystiker von Seelenfünklein, Seelengrund, Seelenburg
Nur das Bedeutende erlöst. Gott erholt sich in der Stille. „Äußerst befreiend empfand ich die Erkenntnis, dass im Selbst, im Personenkern des Menschen, im Seelengrund, Göttliches und Menschliches so tief zusammenkommen, dass die Nähe zu Gott zugleich als das Ureigenste erfahren wird. Ich fand zu der Einsicht, dass ich erst dann bei mir selbst bin, wenn ich Gottes Gegenwart spüre"

Zwei Wege

Um zu diesem Zentrum zu finden, gibt es zwei Wege
1.in der absoluten Stille. Das Ich hört auf zu arbeiten, zu reden, sich zu bewegen, zu denken. So ist es im Zen!
2.im Gespräch und in der Begegnung der absoluten Annahme, des Verstehens,
im Klima der bedingungslosen Wertschätzung und das absolute Vertrauen.
Wenn kein Widerspruch, kein Druck, kein Rat und kein Befehl die Atmosphäre bestimmen, kann sich das Innerste öffnen.
Das Leid wird zum Zugang zur Seele, weil es mich zwingt, mich mir selbst zuzuwenden Aufmerksamkeit, das Interesse wendet sich von außen nach innen
Man hat bisher alle Lösungen außen gesucht hat: die Verhältnisse wären schuld und die Menschen müssten sich ändern, vor allem der persönliche oder politische Gegner. Man macht Pläne, die fehlschlagen, bis man zu der niederschmetternden Einsicht kommt, dass es nicht mehr weiter geht in der Ehe oder im Beruf. Wenn das Problem einen ständig umtreibt, heißt das: Jetzt muss ich mich mir selbst zuwenden. Ich kann die Verhältnisse nicht ändern, den Lebenspartner, die Arbeitsverhältnisse nicht, die Politik nicht, aber niemand kann mich daran hindern, mich selbst zu verändern. Ich muss mich voll und ganz um meinen inneren Zustand kümmern. Es Ich muss meine Einstellung zur täglichen Praxis ändern: Wieviel Zeit verwende ich, um mich selbst zu spüren oder mich ständig von außen ablenken zu lassen? Bei entsprechender Wachheit für das Richtige werden sich die Dinge von selbst ordnen.

Ebenso hilfreich ist das nichtdirektive Beratungsgespräch, wo es darum geht, den Hilfe-Suchenden zu verstehen, d.h. emotional nahe zu kommen. Die Gefühle sollen sich berühren. Es soll sich das Erleben ereignen, voll und ganz angenommen zu sein. Sehr häufig ist es mit Tränen verbunden aus tiefer Ergriffenheit. Die Stimmung kippt um.

Die Diagnose des nahen Todes:

Die Geschichte einer Frau mit 75 mit einer tödlichen Diagnose konfrontiert wird.
Sie schreibt:
„Mitte Juni 2021 war ich plötzlich mit der Tatsache konfrontiert: „O- das wird jetzt eine ernste Angelegenheit". Ich werde immer schweigsamer. Reflexhandlungen:
Ausräumen, meine persönlichen Sachen radikal reduzieren, möglichst geordnet hinterlassen, was noch von Bedeutung sein könnte. (u.a. zurechtlegen und mit Namen versehen, was ich wem weitergeben wollte) ... Vieles, was ich machte, geschah intuitiv, wie nebenbei/oder evtl. auch für „endgültig".
- Ich wusste ja nicht, was auf mich zukommt und wie alles verlaufen wird.
So viele Begegnungen in dieser langen Zeit: mit Ärzten , Pflegerinnen, vor allem mit den jeweilig ebenso Betroffenen im gemeinsamen Zimmer-
--All das hat mich verändert....
-Ich habe so viel Verständnis erlebt, wurde ernst genommen und meine Vorurteile als unberechtigt erkannt. Ich habe damals auch viel zum Thema „Tod" gelesen, lebenslang Gesammeltes wieder; entdeckt, spirituelle Artikel, Seminar-Notizen, Bücher--- einige von Graf Dürckheim..z.B.)
Vieles davon eröffnete sich erst jetzt- aus dem konkreten Anlass heraus.
Ich habe auch viel meditiert
(im Gehen in den Gängen der Klinik, mit meinen inneren Formeln im Rhythmus des tiefen, ruhigen Atmens).
Relativ bald war mir klar: gegen die Krankheit „kämpfen"(was mir oft gesagt wurde)-nein, das wollte ich nicht..
Was mir vorschwebte-
„anfreunden" damit wäre zwar übertrieben ausgedrückt- aber etwa in dieser Richtung soll `gehen.
Ich lebe jetzt aber (bis auf Weiteres!?)) mit verbliebenen Krebs-Herden in mir(woran ich aber keinen Gedanken verschwende..)
--inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, dass wenig Energie da ist und alles viel mehr in Anspruch nimmt... Die Grund-Versorgung für meinen Mann und mich ist gut zu schaffen/ darüber hinaus nicht all zu viel.. Ich habe mich auf die notwendigen Rituale eingestellt (Medikamente/Ernährung/Bewegung in der frischen Luft/Ruhe-Phasen),Kontrolle und Behandlung in der Klinik).
Doch ist´s mir inzwischen zur Gewohnheit geworden, nicht mehr weitreichend zu planen-vielmehr den Tag/ die Stunde, den Augenblick zu schätzen / mehr noch :
als Geschenk anzunehmen und auszukosten... das „Jetzt" und „Heute" hat neues Gewicht und neue Bedeutung.. und eigentlich steht niemals im Vordergrund, was fehlt... sondern: was ich alles „habe" und noch kann...
die Wahrnehmung und Würdigung all dessen hat sich vertieft.
und nichts mehr ist selbstverständlich also eigentlich ein „Gewinn" insgesamt.
Wesentlich wurde mir auch das Thema „Abgrenzung"---
Nach wie vor möchte als Ansprechpartnerin offen sein für das, was von außen an mich herankommt... jedoch im Bewusstsein:::
Es soll nicht sein, dass ich mir (!)Sorgen mache...
Gedanken machen -Ja!
Aber keine Sorgen--!
 Gar nicht so einfach, diese alte Verhaltensweise zu lassen/ und einfach in den Tag hinein zu leben...
 ... Hören mit dem Herzen bleibt jedenfalls tägliche Übung
 ..und ebenso mein Bitten (für alle, die in meinem Herzen sind )um:
 Schutz und Segen
 Licht und Trost und Heil
 Klarheit und Kraft und Freude
 Frieden.

Seelische Gesundheit hängt wesentlich davon ab, inwieweit wir an die ordnenden und heilenden Faktoren in uns selbst angeschlossen sind und wie tief die Grundlage ist, auf der sie beruhen. Dafür steht der Glaube an Gott und die religiös-spirituelle Praxis. Therapeutische Seelsorge will den Zugang zur spirituellen Kraft und zur heilenden Instanz öffnen

 

ray