3.Fastensonntag A


Lesung Ex 17, 3 - 7

Gib uns Wasser zu trinken (Ex 17,2)

Lesung aus dem Buch Exodus
In jenen Tagen
3 dürstete das Volk nach Wasser und murrte gegen Mose. Sie sagten: Warum hast du uns überhaupt aus Ägypten hierher geführt? Um uns, unsere Söhne und unser Vieh verdursten zu lassen?
4 Mose schrie zum Herrn: Was soll ich mit diesem Volk anfangen? Es fehlt nur wenig, und sie steinigen mich.
5 Der Herr antwortete Mose: Geh am Volk vorbei, und nimm einige von den Ältesten Israels mit; nimm auch den Stab in die Hand, mit dem du auf den Nil geschlagen hast, und geh!
6 Dort drüben auf dem Felsen am Horeb werde ich vor dir stehen. Dann schlag an den Felsen! Es wird Wasser herauskommen, und das Volk kann trinken. Das tat Mose vor den Augen der Ältesten Israels.
7 Den Ort nannte er Massa und Meriba (Probe und Streit), weil die Israeliten Streit begonnen und den Herrn auf die Probe gestellt hatten, indem sie sagten: Ist der Herr in unserer Mitte oder nicht?


2.Lesung Röm 5, 1 - 2.5 - 8

Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer
Brüder!
1 Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn.
2 Durch ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.
5 Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.
6 Christus ist schon zu der Zeit, da wir noch schwach und gottlos waren, für uns gestorben.
7 Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben; vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen.
8 Gott aber hat seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.


Evangelium Joh 4, 5 - 42

Das Wasser, das ich gebe, wird zur sprudelnden Quelle, deren Wasser ewiges Leben schenkt.

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
In jener Zeit
5 kam Jesus zu einem Ort in Samarien, der Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte.
6 Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde.
7 Da kam eine samaritische Frau, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken!
8 Seine Jünger waren nämlich in den Ort gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen.
9 Die samaritische Frau sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern.
10 Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
11 Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser?
12 Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden?
13 Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen;
14 wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.
15 Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muss, um Wasser zu schöpfen.
16 Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann, und komm wieder her!
17 Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann. Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann.
18 Denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt.
19 Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.
20 Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss.
21 Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
22 Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden.
23 Aber die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden.
24 Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
25 Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, das ist: der Gesalbte - Christus. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.
26 Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, ich, der mit dir spricht.
27 Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, aber keiner sagte: Was willst du?, oder: Was redest du mit ihr?
28 Da ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen, eilte in den Ort und sagte zu den Leuten:
29 Kommt her, seht, da ist ein Mann, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Messias?
30 Da liefen sie hinaus aus dem Ort und gingen zu Jesus.
31 Währenddessen drängten ihn seine Jünger: Rabbi, iss!
32 Er aber sagte zu ihnen: Ich lebe von einer Speise, die ihr nicht kennt.
33 Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?
34 Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu Ende zu führen.
35 Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Ich aber sage euch: Blickt umher und seht, dass die Felder weiß sind, reif zur Ernte.
36 Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, so dass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen.
37 Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät, und ein anderer erntet.
38 Ich habe euch gesandt, zu ernten, wofür ihr nicht gearbeitet habt; andere haben gearbeitet, und ihr erntet die Frucht ihrer Arbeit.
39 Viele Samariter aus jenem Ort kamen zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.
40 Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage.
41 Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte.
42 Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben und nun wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.


Der Weg in die Tiefe

Das Gespräch am Jakobsbrunnen - niemand war dabei außer Jesus und die Frau aus Samarien. Wurde es nacherzählt, wurde es erfunden? 
Wir können nur vermuten. Es ist eine Erzählung, der man gut zuhören kann, aber manches bleibt unverstanden. Es begegnen sich hier zwei fremde Menschen, ein Mann und eine Frau. Jeder kommt  aus seiner Welt, von welcher der andere nur Schlimmes gehört hat. Die Bösen - das sind immer die andern: für die Juden sind es die Samariter und die Heiden. Man kann sich den Gegensatz zwischen den verfeindeten Völkern von damals ähnlich dem vorstellen, der heute zwischen Israelis und Palästinensern herrscht. Wenn sich welche begegnen, sind da kalte, eiserne Mienen. Kein Gespräch kommt zustande, kein Wort, das Verstehen ausdrückt. Das sind Szenen, die auch uns aus dem Alltag nicht unbekannt sein dürften: wenn das Reden miteinander schwer fällt, wenn man kein Wort mehr hervor bringt, einfach weil die Anwesenheit des andern lähmt. 
Jesus durchbricht diese Regel, in dem er auf ganz menschliche Weise sein Bedürfnis nach einem Becher Wasser erklärt. Hinter diesem Wunsch ist aber mehr verborgen. Augustinus sagt: Er dürstet nach ihrem Glauben. Aber auch dieses Wort bedarf einer Erläuterung. Der Glaube, den Jesus meint, ist mehr als dass man fest gefügte Sätzen für wahr hält. Aus anderen Stellen, wo Begegnungen Jesu mit Menschen beschrieben werden, geht hervor: Mit Glauben meint Jesus ein Echo auf das, was er sagt und wer er ist; es geht um eine Atmosphäre des Vertrauens, in der Menschen ihre innerste Not öffnen und wo Jesus selbst sein wahres Wesen zeigen kann. Denken wir an jene bekannte Szene von der Sünderin beim Gastmahl. Jesus hat die Zärtlichkeit dieser Frau nicht abgelehnt, sondern er hat sie mit Wertschätzung hervorgehoben; er hat sie als das verstanden, was sie ausdrücken sollten: ihre Dankbarkeit durch Nähe und Liebe.

Hier am Jakobsbrunnen geschieht Ähnliches: Es ist eine Begegnung, die in die Tiefe des Herzens führt, sowohl bei der Frau wie bei Jesus.
 Das Gespräch wird immer dichter, bis es zu dem Punkt kommt, der beide im Innersten berührt. Es hört sich an wie ein gemeinsamer Weg, wie ein Hinabsteigen in den Brunnen. Sie treffen sich in der Tiefe, an der Quelle der Seele. Um im Bild vom lebendigen Wasser zu bleiben: Die Quelle wird geöffnet. Es kommt etwas ins Fließen. Blockierungen werden aufgehoben. Jesus ist zugleich der, welcher den alten Ängsten, Vorurteilen, Hemmungen überlegen ist und sich ein Gespräch mit dieser Frau in Freiheit und Ungezwungenheit leisten kann. 
Es fällt auf, dass Jesus auf die Fragen der Samariterin in einer Weise eingeht, die immer wieder neue Fragen stellen lässt. Die Samariterin wird damit konfrontiert, dass hinter dem Vordergründigen etwas steht, das auf etwas Kostbares, Geheimnisvolles schließen lässt. „Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben“ (Joh 4,10).
So wird ihre Neugierde geweckt. Der Fremde wird interessant. Da ist das rätselhafte Wort vom lebendigen Wasser und von dem, der es geben kann. 
In der Frau regt sich der Wunsch danach, aber sie hat noch nicht begriffen, was damit gemeint ist. In diesem Augenblick stellt Jesus die Frage nach ihrem Mann. Zunächst scheint das mit dem Vorausgehenden nichts zu tun zu haben. In Wirklichkeit spricht Jesus eine ganz tief sitzende Wunde an. Fünf Männer hast du gehabt! (Joh 4, 18). Es wäre verkehrt zu meinen, Jesus würde hier moralisches Versagen  ansprechen. Eher könnte es so gewesen sein: sie wurde fünf Mal verheiratet und vier Mal verstoßen. Sie wurde wie eine Ware immer wieder weitergegeben. Sie hat nie die Erfüllung der Liebe gefunden. Als Jesus diese Wunde berührt, wird etwas in ihr lebendig. Etwas völlig Neues bricht in ihr auf. Es ist wohl das erste Mal, dass sie sich verstanden und angenommen fühlt. Das ist wie das Wasser, von dem Jesus gesprochen hat. Er hat sein großes Geschenk nicht näher erklärt, aber es ist in der Art des Gesprächs und der Begegnung bei der Frau angekommen. Was er gemeint hat ist verständlicher geworden. Jesus hat sein wahres Wesen gezeigt und das ist Verstehen, Güte, Zuwendung in einem Maße, das alle Enttäuschung aufhebt und die Wunden eines leidvollen Lebens heilt. In den Worten der Frau: "Ich weiß, dass der Messias kommt - genannt Christus, wenn er kommt, wird er uns alles lehren" (Joh 4, 28) ist die geheime Erwartung, worin sich ihre Hoffnungen gesammelt haben, auch die ihrer Landsleute. Auf diesem Hintergrund kann Jesus offen sagen: "Ich bin es, der mit dir redet." (Joh 4, 26)
Was die Frau erlebt hat, muss sie im Dorf weiter erzählen. Es muss Freude gewesen, die sie dazu trieb und die sie früher so nie gekannt hatte. Und die Leute werden davon angesteckt. Sie möchten selbst den Ursprung der gewandelten Stimmung erfahren und Jesus kennenlernen. Sie können sich selbst überzeugen und werden nicht enttäuscht.

Die frühe Erzählung vom wunderbaren Wasser, das aus dem Felsen fließt, sollte das Bild sein für das, was in der Begegnung mit Jesus geschehen kann. In der Trockenheit der Wüste, in einem verödeten Dasein ereignet sich das Unerwartete: neue Hoffnung wird geweckt und neue Perspektiven werden eröffnet. Es lohnt sich wieder zu leben. Wenn wir an die Tiefe unseres eigenen Herzens angeschlossen sind, können wir das neue Leben im andern erschließen und sogar zur Quelle für den andern werden.