33.Sonntag C   

Liturgische Texte: www.erzabtei-beuron.de/schott

1.Lesung Mal 3,19 - 20b

2.Lesung 2 Thess 3,7 - 12

Evangelium Lk 21,5 - 19



Der von Gott Berührte ist anders

Es sind ernste Worte, die wir soeben gehört haben. „Ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden“ (Lk 21,17). Wer möchte schon jemand sein, der rundum auf feindselige Blicke trifft, auf höhnisches Grinsen, auf Ablehnung und Unverständnis. Der Prophet Jeremia, der es so erfahren musste, hat es so ausgedrückt: „Ich bin niemands Gläubiger und niemands Schuldner. Und doch fluchen mir alle“ (Jer 15,10). Wir fragen uns: Soll dies das Schicksal eines echten Christen sein?

Es ist eine historische Tatsache, dass es die großen Gestalten der Geschichte, welche die Nachfolge Christi ernst nahmen, nicht leicht hatten. Franziskus von Assisi, wurde von seinem Vater verflucht, von den Leuten verlacht, Ignatius von Loyola musste vor der Inquisition erscheinen und kam ins Gefängnis, die heilige Teresa von Avila wurde  Jahre lang angefeindet, ebenso hatte der heilige Johannes vom Kreuz von den eigenen Mitbrüdern Schwerstes zu erdulden. Dieses Schicksal scheint denen auferlegt zu sein, die von Gott unmittelbar berührt werden. Kann der, welcher als die Liebe selbst bezeichnet wird, dies wollen? 

Mit dem Wort „Gotteserfahrung“ ist man in unserer Zeit sehr vorsichtig. Aber es gibt Erlebnisse, die nicht in die üblichen Formen der Lebenssteigerung passen. In einer religionspsychologischen Zeitschrift wurde von einem Mann berichtet, der die Sache mit Gott genau wissen wollte, auf seiner Suche bis an die Ostküste Australiens fuhr und sich dort der Einsamkeit aussetzte. Es traf ihn gerade am Heiligen Abend mit solcher Wucht, als ob er innerlich zerspringen würde und er nur schrie: Gott ist! Andere, die Ähnliches erlebt haben, sagen, es sei so überwältigend und stark, wie wenn man nur noch Feuer in sich spüren würde. „Feuer“ war das erste Wort, das der Philosoph Blaise Pascal nach einem erschütternden und beglückenden Gotteserlebnis aussprach.

Wer Gott so tief erfahren hat, ist zuinnerst ein anderer geworden. Er passt nicht mehr in das gewohnte Schema, wie man denkt und fühlt. Er kann nicht mehr in das oberflächliche, banale Gerede mit einstimmen, selbst nicht mehr in die Art, wie man über Gott spricht. Er wird zum Außenseiter und als Bedrohung der herkömmlichen Überzeugungen empfunden. Man vermutet bei ihm Eigensinn und bösen Willen. Es macht ihn einsam. Es kommt häufig zum Bruch mit der eigenen Familie und den Verwandten und alten Freunden. Er ist innerlich weit weg von ihnen. Er wird nicht gehört und nicht ernst genommen, weil das, was er sagt, unerhört neu, sogar wunderbar ist, aber das Bisherige in Frage stellt. Wer hört es schon gern, wenn das  Gewohnte nicht mehr gelten soll, oder sogar vom kommenden Untergang die Rede ist?  Diese Art der Erfahrung dürfte sich bei den Menschen ereignet haben, die Jesus begegneten, in seine Atmosphäre eingetaucht und davon geprägt wurden.                                                                                                                         
Wenn Jesus die Jünger auf die Ruinen Jerusalems, auf Katastrophen der Natur und der kommenden Geschichte hinweist, spricht er auf dieser Ebene der Neuheitserfahrung. Er will sie vor falschen Sicherheiten warnen. Dabei stehen der Tempel, die Erde und die politische Macht für die äußere Welt, an die man sich klammert. Jesus sagt dazu: Der Zusammenbruch ist nicht das Letzte. Das Eigentliche und Tiefste in euch selbst kann nicht einstürzen. Darauf sollt ihr eure Aufmerksamkeit richten. Nicht darauf sollt ihr stolz sein, dass ihr einen so schönen Tempel habt, sondern schaut vielmehr auf das, was ihr schon erfahren habt, was in euch da ist. Die Kraft, die ich euch gebe, ist stärker als alle Verhöre, als alle verdrehten Anschuldigungen.

Auf unsere Zeit angewandt könnte das heißen: Nicht darauf sollt ihr stolz sein, dass dem Papst zugejubelt wird, dass die Kirche so viele Heilige hat, dass die Caritas so vielen Menschen Gutes tut, dass wir eine so große Menge sind oder dass wir so schöne und wertvolle Kirchen haben. Das kann nicht der Grund eures Glaubens sein. Das Äußere kann sich sehr schnell ändern. Nicht umsonst hat der mächtigste Papst der Geschichte Innozenz III. (1198-1216) geträumt, dass die große Kirche seiner Residenz einzustürzen droht, aber von einem unbekannten Mann gehalten wird. Der Traum zeigt die innere Seite der Wirklichkeit, dass nämlich äußere Macht im Reich Gottes die größte Schwäche ist. Genau am nächsten Tag kam der unbekannte Mann, der im Traum die einfallende Kirche stützt. Es war der heilige Franziskus. Er konnte in seiner absoluten Machtlosigkeit das Unmögliche vollbringen. Die Kraft dazu hatte er gewonnen, als er von Gott berührt wurde, wie es in der Lebensbeschreibung heißt. Danach sahen ihn seine Freunde wie in einen anderen Menschen verwandelt. In der Sprache unserer Zeit könnte man sagen: Er betrat ein Energiefeld, das sich um ihn ausbreitete und ihn nie mehr verließ. Unter diesem Schirm trat er vor die Kardinäle und deckte ihnen die Wahrheit auf, ebenso hatte er keine Angst, auf dem Kreuzzug auf die andere Seite zu gehen und dem Sultan zu begegnen.

Am Anfang der Überlegungen schreckt der Satz: „Ihr werdet von allen gehasst werden“ (Lk 21,17). Dem setzt Jesus für die Jünger, die ihm nahegekommen sind, eine Kraft entgegen, welche Hass und Ablehnung bedeutungslos macht. Auf diese Kraft sollten wir alles setzen; denn jeder von uns wird eine Stunde erleben, in der alles Äußere wegbricht, wo nur die innere Kraft trägt.