ERSTER FASTENSONNTAG B 18.02.2024
„Fastenzeit" oder „österliche Bußzeit", das sind die vierzig Tage der Vorbereitung auf Ostern, das Fest der Feste. Wir werden an die vierzig Jahre erinnert, die Israel in der Wüste verbracht hat, zwischen Ägypten, dem Land der Knechtschaft, und dem verheißenen Land Kanaan. Und an die vierzig Tage, die Jesus in der Wüste gefastet hat. Wüste bedeutet Freiheit, aber auch Unsicherheit, Armut, Durst und Hunger.
ERÖFFNUNGSVERS Ps 91 (90), 15-16
Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören.
Ich bin bei ihm in der Not, befreie ihn und bringe ihn zu Ehren.
Ich sättige ihn mit langem Leben und lasse ihn mein Heil schauen.
TAGESGEBET
Allmächtiger Gott,
du schenkst uns die heiligen vierzig Tage
als eine Zeit der Umkehr und der Buße.
Gib uns durch ihre Feier die Gnade,
dass wir in der Erkenntnis Jesu Christi voranschreiten
und die Kraft seiner Erlösungstat
durch ein Leben aus dem Glauben sichtbar machen.
Darum bitten wir durch ihn,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
ERSTE LESUNG Gen 9, 8-15
Ich habe meinen Bund mit euch geschlossen; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben
Lesung aus dem Buch Genesis
8Gott sprach zu Noach und seinen Söhnen, die bei ihm waren:
9Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen
10und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Tieren des Feldes, mit allen Tieren der Erde, die mit euch aus der Arche gekommen sind.
11Ich habe meinen Bund mit euch geschlossen: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
12Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen:
13Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde.
14Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken,
15dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch vernichtet.
ANTWORTPSALM Ps 25 (24), 4-5.6-7.8-9 (R: vgl. 10)
R Deine Wege, Herr, sind Huld und Treue (GL 233, 7)
für alle, die deinen Bund bewahren. - R
4 Zeige mir, Herr, deine Wege VI. Ton
lehre mich deine Pfade!
5 Führe mich in deiner Treue und lehre mich;
denn du bist der Gott meines Heiles.
Auf dich hoffe ich allezeit. - (R)
6 Denk an dein Erbarmen, Herr,
und an die Taten deiner Huld;
denn sie bestehen seit Ewigkeit.
7 Denk nicht an meine Jugendsünden und meine Frevel!
In deiner Huld denk an mich, Herr, denn du bist gütig. - (R)
8 Gut und gerecht ist der Herr,
darum weist er die Irrenden auf den rechten Weg.
9 Die Demütigen leitet er nach seinem Recht,
die Gebeugten lehrt er seinen Weg. - R
ZWEITE LESUNG 1 Petr 3, 18-22
Euch rettet jetzt die Taufe
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus
Liebe Brüder!
18Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, er, der Gerechte, für die Ungerechten, um euch zu Gott hinzuführen; dem Fleisch nach wurde er getötet, dem Geist nach lebendig gemacht.
19So ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt.
20Diese waren einst ungehorsam, als Gott in den Tagen Noachs geduldig wartete, während die Arche gebaut wurde; in ihr wurden nur wenige, nämlich acht Menschen, durch das Wasser gerettet.
21Dem entspricht die Taufe, die jetzt euch rettet. Sie dient nicht dazu, den Körper von Schmutz zu reinigen, sondern sie ist eine Bitte an Gott um ein reines Gewissen aufgrund der Auferstehung Jesu Christi,
22der in den Himmel gegangen ist; dort ist er zur Rechten Gottes, und Engel, Gewalten und Mächte sind ihm unterworfen.
RUF VOR DEM EVANGELIUM Vers: vgl. Mt 4, 4b
Lob dir, Christus, König und Erlöser! - R
Nicht nur von Brot lebt der Mensch,
sondern von jedem Wort aus Gottes Mund.
Lob dir, Christus, König und Erlöser!
EVANGELIUM Mk 1, 12-15
Er wurde vom Satan in Versuchung geführt, und die Engel dienten ihm
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
In jener Zeit
12trieb der Geist Jesus in die Wüste.
13Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.
14Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes
15und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium.
Umkehr aus der Wüste
Es beginnt heute mit dem geheimnisvollen Wort: „ Der Geist trieb Jesus in die Wüste"(Mk 1, 12). Vorausgeht seine Taufe durch Johannes, worüber alle Evangelisten berichten. Dabei geschah etwas, was das Leben des jungen Nazareners völlig veränderte. Er sah den Himmel sich öffnen und den Geist wie eine Taube auf sich herabkommen(Mk1, 11). Es tat sich für ihn eine ganz andere Welt auf, in der nur ein Wort gilt: Liebe. „Du bist mein geliebter Sohn", sagt eine Stimme. Es sind menschliche Worte, wie wenn ein Vater zu seinem Sohn sagt: Du bist meine Stolz, meine Freude, die Erfüllung meines Lebens. Es ist alles enthalten, was menschliches Sehnen sich an Bestätigung, Annahme und Anerkennung wünschen kann. Es ist eine Erfahrung, deren Kostbarkeit durch nichts aufgewogen werden kann. Danach konnte Jesus nicht einfach wieder in sein Dorf zurück.
Die erschütternde Erfahrung
Es gibt Ereignisse, die so stark, so tief berührend, erschütternd oder beglückend sind , dass wir uns zurückziehen müssen, niemand um uns haben, ganz allein sein wollen. Es ist, als ob uns etwas nach innen ziehen würde, weg vom banalen Gerede, von Verwandten, vom Kreis der Bekannten. Wir könnten nichts von dem sagen, was uns im Innersten bewegt. Sie würden uns nicht verstehen. Es kann Trauer um einen geliebten Menschen sein oder auch, indem wir jemand begegnet sind, der unserem Leben einen völlig neuen Glanz verleiht. Es gibt äußerst ungewöhnliche Erfahrungen, die wir nicht begreifen und einordnen können, die uns aber zutiefst aufwühlen.. Man darf sie „religiös" im eigentlichen Sinne nennen. Weil sie verschwiegen werden, kann man ihr Vorkommen nur vermuten. Je mehr uns das Erlebte nahe geht, umso mehr müssen wir es vor Verletzung und Entweihung schützen. Die Seele kann es erst so nach und nach annehmen, damit es das ganz Eigene wird. Es muss erst verarbeitet werden, wie man heute sagt. Wenden wir das Gesagte nun auf die Situation Jesu nach seiner Taufe an. Was ihm geschehen ist, hat ihn überwältigt, sodass es für ihn nur den Rückzug in die totale Einsamkeit gibt. Es ist sein Innerstes, sein Geist, der es will. Dieser Anspruch ist so stark, dass er ihn in die Wüste treibt, an jenen Ort, wo man ohne Ablenkung ganz auf das beschränkt ist, was in einem selbst vorgeht.
Die Rückseite
Es ist die Rückseite des Lebens, die uns im normalen Leben verschlossen ist, die aber unser Denken und Fühlen, sogar unser Schicksal bestimmt, wo sich die Wurzeln zum Guten und zum Bösen befinden. Für Jesus hatte sich die Tür zu diesem Bereich geöffnet. Er wird mit den verschiedensten Elementen konfrontiert. In der Schrift des Markus wird dies so beschrieben: Er wird vom Teufel versucht, er weilt bei den wilden Tieren, die Engel dienen ihm(Mk1,13). Er kommt in Berührung mit den Fallen und dem Grauen des Bösen, mit dem wilden Ansturm ungebändigter Instinkte, mit der Gier nach leichtem Genuss, nach Selbstverherrlichung und nach Macht(Vgl.Lk4,1-13) und er spürt die ganz andere Kraft , die ihn beschäützt und leitet. Im Bild gesprochen hat sich nicht nur der Himmel, sondern auch die Hölle aufgetan und zwar in der eigenen Seele. Diese schließt sich erst dann, wenn die widerstreitenden Momente versöhnt sind, wenn man selbst zur Ruhe gekommen ist. Dazu braucht es Zeit. Es werden vierzig Tage genannt. Die Zahl will sagen: Der Prozess des Ringens zwischen Dunkelheit und Helle, zwischen Teufeln und Engeln ist zu einem guten Ende gekommen, die Zeit ist erfüllt "(Mk1, 15)
Die Umkehr, die Zeit braucht
Das bedeutet zugleich, dass sich die Blickrichtung wieder nach außen wendet hin zu den Menschen. Jesus versucht, diese Welt, in die er eingetaucht wurde, den Menschen seiner Heimat zu erschließen mit den Worten: „ Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!"(Mk1,15). Bei seiner Rede sind die Leute wie gebannt. Sie bringen den Mund nicht mehr zu vor lauter Staunen. Bei vielen, die ihm zuhörten und seine Nähe spürten, hat sich alles umgedreht von dem, was wichtig und wertvoll ist, wofür es sich lohnt zu arbeiten, seine Zeit zu verwenden.und zu leben. Es hat andere Namen bekommen. Die Umkehr, zu der Jesus auffordert, hat in der Begegnung mit ihm begonnen. Es brauchte allerdings noch Zeit und gemeinsames Schicksal mit ihm, bis sie zur Reife gelangt ist. Wenn unsere Umkehr wirksam sein soll, beginnt sie nicht damit, dass wir unseren Eifer für das bisherige Denken und Mühen steigern, sondern dass wir anhalten, uns neu orientieren, uns für das große Ereignis, welches "Reich Gottes" genannt wird, öffnen und uns davon ausrichten lassen. Wie das geschehen kann, dürfen wir am Leben großer Heiliger oder auch weniger großer sehen. Ein gutes Beispiel ist der heilige Franziskus. Er hatte als junger Mann große Pläne, er wollte sich für irgendeinen Fürsten in Abenteuer stürzen, bis ihm eine Stimme aus dem Innern deutlich machte: Du läufst einem Knecht nach und stehst nicht im Dienst eines Herrn. Daraufhin ist er im ganz wörtlichen Sinn umgekehrt. Er geht nach Assisi zurück und ist voll froher Erwartung, was nun mit geschehen wird.
Rückkehr nach innen
Entscheidend ist, dass mit dieser Umkehr der Rückzug nach innen verbunden ist, dass sich ihm die Welt öffnet, die Jesus den Menschen nahe bringen will. Es folgen einige Jahre, gefüllt mit kostbarsten Erfahrungen, aber auch mit Dunkelheiten, mit weiterem Suchen und Erproben. Es ist eine Zeit, in welcher er sich meist an abgelegenen Orten aufhält, in Höhlen schläft, als Bettler unbekannt herumzieht. Es entspricht dem, was sich bei Jesus in der Wüste ereignet hat. Erst nachdem er für sich Klarheit und Sicherheit gewonnen hat, tritt er an die Öffentlichkeit als ein ganz anderer. Was er sagt, kommt aus einer Tiefe und Überzeugungskraft, die man bisher nicht gekannt hatte.„Es fiel wie Feuer in ihre Herzen", heißt es in der Lebensbeschreibung.des heiligen Franziskus. Es wurde tatsächlich zu einem großen Brand..
In die Wüste geschickt
Sich der Rückseite des Lebens zuzuwenden erscheint den meisten unzumutbar. In Wirklichkeit wird es jedem früher oder später auferlegt. Es kann eine Krankheit, eine Behinderung oder das Alter sein, welches einen Stillstand, eine Abkehr vom äußeren Bereich erzwingt und eine Wende des Denkens und Strebens mit sich bringt. Ein oft gehörtes Wort ist heute „burn-out", was so viel wie „ausgebrannt" heißt. Damit soll ausgedrückt sein: die Energie zu sichtbaren Leistungen ist erschöpft und es steht einem keine weitere mehr zur Verfügung. Bisheriges Können und Machen spielen keine Rolle mehr. Man wird in die Wüste geschickt nicht nur vom Betrieb, sondern vom Leben selbst. Die Betroffenen gehen zum Arzt, zu einem Therapeuten, beantragen eine Kur oder sogar die Frührente. Noch wichtiger wäre, darin die Chancen einer neuen Lebensorientierung zu erkennen: Es wartet eine innere Welt mit allen Kostbarkeiten auf uns.. Wir müssen uns nicht vor dem Teufel fürchten, ebenso wenig vor den Schlangen und anderen wilden Tieren; es gibt dort auch Engel, die uns beschützen und weiterhelfen. Das Reich Gottes beginnt in der Wüste unseres Inneren.
GABENGEBET
Herr, unser Gott,
wir bringen Brot und Wein für das heilige Opfer,
das wir zum Beginn dieser Fastenzeit feiern.
Nimm mit diesen Gaben uns selbst an
und vereine unsere Hingabe
mit dem Opfer deines Sohnes,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
KOMMUNIONVERS Mt 4, 4
Nicht nur vom Brot lebt der Mensch,
sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
SCHLUSSGEBET
Gütiger Gott,
du hast uns das Brot des Himmels gegeben,
damit Glaube, Hoffnung und Liebe in uns wachsen.
Erhalte in uns das Verlangen nach diesem wahren Brot,
das der Welt das Leben gibt,
und stärke uns mit jedem Wort,
das aus deinem Mund hervorgeht.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.