29. Sonntag B 20.10.2024
EröffnungsversPs 17 (16), 6.8
Ich rufe dich an, denn du, Gott, erhörst mich.
Wende dein Ohr mir zu, vernimm meine Rede!
Behüte mich wie den Augapfel, den Stern des Auges,
birg mich im Schatten deiner Flügel.
Ehre sei Gott, S. 371 f.
Tagesgebet
Allmächtiger Gott,
du bist unser Herr und Gebieter.
Mach unseren Willen bereit,
deinen Weisungen zu folgen,
und gib uns ein Herz, das dir aufrichtig dient.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
ZUR 1. LESUNG Die heutige Lesung ist eine Auswahl aus dem vierten Lied vom Gottesknecht beim Propheten Jesaja. Der volle Text wird am Karfreitag gelesen (1. Lesung). In Jesus hat diese Weissagung ihre große Erfüllung gefunden. Er ist gekommen, um die Schuld der Vielen auf sich zu nehmen und für alle den Tod zu erleiden.
Erste Lesung Jes 53, 10-11
Gott setzte sein Leben als Schuldopfer ein; er wird Nachkommen sehen und lange leben
Lesung aus dem Buch Jesája.
10Der Herr hat Gefallen an dem von Krankheit Zermalmten.
Wenn du, Gott, sein Leben als Schuldopfer einsetzt,
wird er Nachkommen sehen und lange leben.
Was dem Herrn gefällt, wird durch seine Hand gelingen.
11Nachdem er vieles ertrug,
erblickt er das Licht.
Er sättigt sich an Erkenntnis.
Mein Knecht, der gerechte,
macht die Vielen gerecht;
er lädt ihre Schuld auf sich.
AntwortpsalmPs 33 (32), 4-5.18-19.20 u. 22 (Kv: 22)
Kv Lass deine Huld über uns walten, o Herr! - KvGL 46, 1
4Das Wort des Herrn ist redlich, *
all sein Tun ist verlässlich.
5Er liebt Gerechtigkeit und Recht, *
erfüllt von der Huld des Herrn ist die Erde. - (Kv)
18Siehe, das Auge des Herrn ruht auf denen, die ihn fürchten, *
die seine Huld erwarten,
19dass er ihre Seele dem Tod entreiße *
und, wenn sie hungern, sie am Leben erhalte. - (Kv)
20Unsre Seele hofft auf den Herrn; *
er ist unsre Hilfe und unser Schild.
22Lass deine Huld über uns walten, o Herr, *
wie wir auf dich hofften! - Kv
ZUR 2. LESUNG Was Jesus für uns war, was er für uns getan hat, kann auf verschiedene Weise gesagt werden; wir können es nicht in einer einzigen Aussage zusammenfassen. Er ist der Hirt, der Lehrer, der Arzt. In der heutigen Lesung wird er als der Hohepriester gesehen, der sich selbst als Opfer dargebracht hat und nun bei Gott für uns eintritt. Als wahrer Mensch und wahrer Gott kann er Mittler sein zwischen Gott und den Menschen.
Zweite LesungHebr 4, 14-16
Lasst uns voll Zuversicht hinzutreten zum Thron der Gnade
Lesung aus dem Hebräerbrief.
Schwestern und Brüder!
14Da wir nun einen erhabenen Hohepriester haben,
der die Himmel durchschritten hat,
Jesus, den Sohn Gottes,
lasst uns an dem Bekenntnis festhalten.
15Wir haben ja nicht einen Hohepriester,
der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen,
sondern einen, der in allem wie wir
versucht worden ist,
aber nicht gesündigt hat.
16Lasst uns also voll Zuversicht hinzutreten zum Thron der Gnade,
damit wir Erbarmen und Gnade finden
und so Hilfe erlangen zur rechten Zeit!
Ruf vor dem EvangeliumVers: vgl. Mk 10, 45
Halleluja. Halleluja.
Der Menschensohn ist gekommen, um zu dienen
und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.
Halleluja.
.
EvangeliumMk 10, 35-45
Der Menschensohn ist gekommen, um sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit
35 traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus,
zu Jesus
und sagten:
Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst.
36Er antwortete: Was soll ich für euch tun?
37Sie sagten zu ihm:
Lass in deiner Herrlichkeit einen von uns rechts
und den andern links neben dir sitzen!
38Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht, um was ihr bittet.
Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke,
oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?
39Sie antworteten: Wir können es.
Da sagte Jesus zu ihnen:
Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke,
und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde.
40Doch den Platz zu meiner Rechten und zu meiner Linken
habe nicht ich zu vergeben;
dort werden die sitzen, für die es bestimmt ist.
41Als die zehn anderen Jünger das hörten,
wurden sie sehr ärgerlich über Jakobus und Johannes.
42Da rief Jesus sie zu sich
und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten,
ihre Völker unterdrücken
und ihre Großen ihre Macht gegen sie gebrauchen.
43Bei euch aber soll es nicht so sein,
sondern wer bei euch groß sein will,
der soll euer Diener sein,
44und wer bei euch der Erste sein will,
soll der Sklave aller sein.
45Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen,
um sich dienen zu lassen,
sondern um zu dienen
und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.
Recht haben oder recht sein
Der Streit der Jünger, zur Rechten und zur Linken Jesu zu sitzen, scheint uns heute wenig zu berühren. Schauen wir aber genauer hin, dann wird ein Problem offenbar, das die Leidenschaften zu allen Zeiten aufgewühlt und bis heute ungelöst ist. Die Spaltungen, Zerwürfnisse, Streitigkeiten unter den Jüngern Jesu lassen sich fast immer auf die Frage zurückführen: Wer ist der erste? Dabei gilt meist eines: Der erste ist der, welcher Recht hat. Dieses Recht haben ist deshalb so wichtig, weil dadurch die Höhe der Intelligenz zum Ausdruck zu kommen scheint. Man glaubt, damit die erste Position in der Achtung aller zu bekommen. So versucht man, den andern mit Argumenten nieder zu ringen und als Sieger das Feld zu behaupten. So duldet man keine andere Überzeugung neben sich und man schließt die Denkweise, die Gefühle und die berechtigten Anliegen anderer aus und damit alle, die sie vertreten. Die Spaltungen im Raum des Christentums sind zum größten Teil Ergebnisse von Streitereien, die sich im Nachhinein als Missverständnisse und damit als Kampf um den ersten Platz erwiesen haben.
Verstehen statt wiedeerlegen
Der verlorenen Einheit tut man einen besseren Dienst, wenn man versucht, einander zu verstehen anstatt einander zu widerlegen. Wir müssen zunächst zugeben, dass nichts berechtigter ist, als zu seiner Überzeugung zu stehen. Die eigene Sicht der Wirklichkeit ist aber begrenzt durch unsere persönliche Geschichte, durch die erhaltenen Informationen, durch unsere Sympathien und Antipathien und durch unsere Ängste. Deshalb ist unsere Meinung nur ein Ausschnitt aus der Wirklichkeit. Um die ganze Wahrheit zu erfassen, braucht man auch die Sicht anderer. Sie kann die eigene Anschauung ergänzen das heißt ganz werden lassen. Dies geht aber nur in einem Klima, das von der Suche nach der Wahrheit und nicht vom verkrampften Recht haben bestimmt ist. Wer jedoch glaubt, allein die Wahrheit zu besitzen, wird Opfer der eigenen Emotionen und Ängste, die den Blick für die Wahrheit verstellen. Hier findet die Mahnung Jesu: „Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein"(Mk10,43) ihren Ort. Es geht es nicht darum, wer bei Tisch aufträgt und dann das Geschirr wäscht, sondern darum, sich selbst ein Stück zurückzunehmen, auf die Alleinherrschaft der eigenen Meinung und Stimmung zu verzichten und die Überzeugung der andern zu respektieren. Entscheidend ist, dass man einander die Freiheit der eigenen Lebensgeschichte und Entscheidungen lässt und aufhört, Druck auszuüben. Wenn man beginnt, einander ernst zu nehmen, ist das für jede Seite ein Gewinn.
Eigene Anteile
Denn die Reibungspunkte mit weltanschaulichen oder kirchenpolitischen Gegnern zeigen uns die Anteile von uns selbst auf, die uns zur vollen Wahrheit unserer Persönlichkeit , zum recht- sein noch fehlen und sei es „nur" der Mangel an Toleranz, an geistiger und emotionaler Eigenständigkeit. Wenn die Wahrheit das Ziel allen Bemühens wird und nicht die eigene Position, dann tritt eine durchgreifende Wende im eigenen Leben und in dem vieler anderer ein. Wer so denkt, wird sich von einer anderen Weltanschauung und von einer anderen Religion oder theologischen Richtung anregen und bereichern lassen, anstatt verbissen die Gegenseite widerlegen zu wollen. Denn es führt uns zum recht sein, zu der Einstellung, die Jesus selbst gelebt hat und die er als „dienen" bezeichnet. Lieber recht sein als Recht haben ist die Lösung auf die immer neu auftauchende Frage: „Wer bin ich?" Wer alles Streben auf Recht haben, auf Titel und Position in der Öffentlichkeit sprich Karriere setzt, merkt nicht, wie sehr er sich von der Einschätzung anderer abhängig macht und sein Eigenstes übergeht. Wer hingegen recht - sein will, bezieht sein Selbstwertgefühl aus dem tiefsten Grund seines Herzen, in dem er Gott begegnet. Er macht sich unabhängig von dem, was die Leute sagen. Es ist die Einstellung, an der die Echtheit der Nachfolge Christi gemessen werden kann. Hier dürfen wir uns wieder das große Vorbild des heiligen Franziskus vor Augen halten.
Franziskus- ein Niemand
Als er seinem Vater Geld und Kleider vor die Füße wirft und seine Sohnschaft aufkündigt, ist er in den Augen der Leute ein Niemand. Er ist nicht mehr der Kaufmannsohn, vor dem man wegen des Vaters Respekt hat. Er ist kein Handwerker, kein Kleriker, kein Mönch, er ist der Letzte in der Stadt, über den man sich lustig macht. Aber er ist ganz er selbst, Franziskus, völlig unabhängig von dem, was die Leute denken und reden. Ihn kann nichts mehr anhaben, weil er von einer unsagbaren, inneren Stärke, von Dankbarkeit und Freude erfüllt ist. . Aus der Begegnung mit Christus hat er die Kraft, über den alltäglichen Emotionen zu stehen, sogar über Leid und Tod. Er ist beständig zum spontanen Lob gestimmt und kann in seinen Schmerzen jubeln. Sein Leben drückt das aus, was mit recht-sein gemeint ist. Völlig fremde Personen sammeln sich um ihn, weil sie von dem demselben Geist ergriffen werden. Es bildet sich eine Gemeinschaft, in welcher eine Stimmung der Achtsamkeit, der Rücksichtnahme, der Danksagung und des Lobgesangs herrscht. Es ist die Gleichheit aller Wirklichkeit geworden, hervorgerufen durch die gemeinsame Erfahrung der Kraft Christi. Der Rangstreit der Jünger, der sich heute in den gegensätzlichen kirchenpolitischen Richtungen darstellt, wird nicht durch gestochene Argumente, nicht durch bittere Anklagen und krampfhafte Verteidigung, nicht über Autoritäten gelöst, sondern ob wir den Schwerpunkt auf das recht-sein legen und uns vom Geist Jesu ergreifen lassen.
Glaubensbekenntnis, S. 374 ff.
Fürbitten vgl. S. 805 ff.
ZUR EUCHARISTIEFEIER Jesus will der Diener aller sein. Er gibt sein Leben hin, als die vollkommene Opfergabe an den Vater und Ausdruck seiner Liebe zu uns Menschen. Sein Geschenk an uns ist nichts Geringeres als er selbst
Gabengebet
Hilf uns, Herr,
dass wir den Dienst am Altar
mit freiem Herzen vollziehen.
Befreie uns durch diese Feier von aller Schuld,
damit wir rein werden und dir gefallen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Präfation, S. 427 ff.
KommunionversPs 33 (32), 18-19
Das Auge des Herrn ruht auf allen, die ihn fürchten und ehren,
die nach seiner Güte ausschauen.
Denn er will sie dem Tod entreißen
und in der Hungersnot ihr Leben erhalten.
Oder:Mk 10, 45
Der Menschensohn ist gekommen,
um sein Leben als Lösegeld hinzugeben für viele.
Schlussgebet
Allmächtiger Gott,
gib, dass die heiligen Geheimnisse,
die wir gefeiert haben, in uns Frucht bringen.
Schenke uns Tag für Tag,
was wir zum Leben brauchen,
und führe uns zur ewigen Vollendung.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
FÜR DEN TAG UND DIE WOCHE
Was die Barmherzigkeit lebendig macht, ist die beständige Dynamik des Zugehens auf die Bedürfnisse und Nöte der Menschen, die sich in geistlicher und materieller Not befinden. Die Barmherzigkeit hat Augen, um hinzusehen; Ohren, um zuzuhören; Hände, um wieder aufzurichten... Der Alltag gibt vielfältige Gelegenheiten, viele Bedürfnisse der Armen und Leidtragenden mit Händen zu greifen... Menschen, die vorübergehen, die im Leben weitermachen, ohne die Not der Anderen zu erkennen, ohne die ganze spirituelle und materielle Not zu sehen, sind Menschen, die vorübergehen, ohne zu leben, sind Menschen, die den anderen nicht dienen. Erinnert euch gut daran: Wer nicht lebt, um zu dienen, versteht nicht zu leben. (Papst Franziskus)