31. Sonntag im Jahreskreis ‑B 03.11.2024
Eröffnungsvers
Ps 38 (37), 22-23
Herr, verlass mich nicht, bleib mir nicht fern, mein Gott!
Eile mir zu Hilfe, Herr, du mein Heil.
Ehre sei Gott
Tagesgebet
Allmächtiger, barmherziger Gott,
es ist deine Gabe und dein Werk,
wenn das gläubige Volk
dir würdig und aufrichtig dient.
Nimm alles von uns,
was uns auf dem Weg zu dir aufhält,
damit wir ungehindert der Freude entgegeneilen,
die du uns verheißen hast.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
ERSTE Lesung
Dtn 6, 2-6
Höre, Israel! Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen
Lesung aus dem Buch Deuteronomium
Mose sprach zum Volk:
2Wenn du den Herrn, deinen Gott, fürchtest, indem du auf alle seine Gesetze und Gebote, auf die ich dich verpflichte, dein ganzes Leben lang achtest, du, dein Sohn und dein Enkel, wirst du lange leben.
3Deshalb, Israel, sollst du hören und darauf achten, alles, was der Herr, unser Gott, mir gesagt hat, zu halten, damit es dir gut geht und ihr so unermesslich zahlreich werdet, wie es der Herr, der Gott deiner Väter, dir zugesagt hat, in dem Land, wo Milch und Honig fließen.
4Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig.
5Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.
6Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen.
Antwortpsalm
Ps 18 (17), 2-3.4 u. 47.51 u. 50 (R: 2a)
R Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke. - R
(GL 528, 4)
2 Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke,
II. Ton
3 Herr, du mein Fels, meine Burg, mein Retter,
mein Gott meine Feste, in der ich mich berge,
mein Schild und sicheres Heil, meine Zuflucht. - (R)
4 Ich rufe: Der Herr sei gepriesen!,
und ich werde vor meinen Feinden gerettet.
47 Es lebt der Herr! Mein Fels sei gepriesen.
Der Gott meines Heils sei hoch erhoben. - (R)
51 Seinem König verlieh er große Hilfe,
Huld erwies er seinem Gesalbten,
David und seinem Stamm auf ewig.
50 Darum will ich dir danken, Herr, vor den Völkern,
ich will deinem Namen singen und spielen. - R
.
ZWEITE Lesung Hebr 7, 23-28
Weil Jesus auf ewig bleibt, hat er ein unvergängliches Priestertum
Lesung aus dem Hebräerbrief
Brüder!
23Im Alten Bund folgten viele Priester aufeinander, weil der Tod sie hinderte zu bleiben;
24er aber hat, weil er auf ewig bleibt, ein unvergängliches Priestertum.
25Darum kann er auch die, die durch ihn vor Gott hintreten, für immer retten; denn er lebt allezeit, um für sie einzutreten.
26Ein solcher Hoherpriester war für uns in der Tat notwendig: einer, der heilig ist, unschuldig, makellos, abgesondert von den Sündern und erhöht über die Himmel;
27einer, der es nicht Tag für Tag nötig hat, wie die Hohenpriester zuerst für die eigenen Sünden Opfer darzubringen und dann für die des Volkes; denn das hat er ein für alle Mal getan, als er sich selbst dargebracht hat.
28Das Gesetz nämlich macht Menschen zu Hohenpriestern, die der Schwachheit unterworfen sind; das Wort des Eides aber, der später als das Gesetz kam, setzt den Sohn ein, der auf ewig vollendet ist.
Ruf vor dem Evangelium
Vers: vgl. Joh 14, 23
Halleluja. Halleluja.
(So spricht der Herr:)
Wer mich liebt hält fest an meinem Wort.
Mein Vater wird ihn lieben, und wir werden bei ihm wohnen.
Halleluja.
Evangelium Mk 12, 28b
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
In jener Zeit
28bging ein Schriftgelehrter zu Jesus hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen?
29Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.
30Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.
31Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.
32Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm,
33und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer.
34Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.
Das schwerste und das schönste Gebot
Das Gebot, das uns heute gesagt wird, ist schon alt und längst bekannt. Wenn wir es hören, kann es sein, dass da etwas in uns einrastet, so ein Gefühl: Ja, ich möchte das ja gern, aber da tauchen die großen Schwierigkeiten auf, die ich damit habe,
Gott zu lieben aus ganzem Herzen, mit all meinen Gedanken und meiner ganzen Kraft und den Nächsten wie mich selbst.
Es ist dieses Gebot zunächst sehr einfach, einleuchtend; aber jeder weiß, wie schwer das ist, denn es heißt lieben und nicht Pflicht erfüllen. Lieben heißt mit Zuneigung, mit Freude dabei sein. Eine schöne Umschreibung von Martin Buber heißt: "Ich freue mich, dass es dich gibt ". Wenn sich zwei Menschen verlieben, dann
Ist das nicht mit Absicht gemacht, sondern da geschieht etwas, das größer ist als sie selbst. Eine unsichtbare Macht hat beide ergriffen.
Es ist die Liebe, nach der im Grunde alle hungern, nach einem Menschen, bei dem man auch einmal schwach sein und das Vertrauen haben darf, aufgefangen zu werden. Im Lieben sind die Freude und die Atmosphäre entscheidend.
Die Pflicht ist der äußere Rahmen oder das Haus, das erst mit Leben gefüllt werden muss. Ein Haus, das nur aus Mauern besteht, wäre kalt und unwohnlich. Erst wenn Menschen eingezogen sind und ihr Hab und Gut, ihre Mühen und Freuden, ihr Schicksal miteinander teilen, wo Kinder spielen, dann ist es erst ein richtiges Wohnhaus, dann erst ist es wohnlich. So ist es auch mit unseren Beziehungen zu den Menschen und zu Gott. Die Pflicht ist der äußere Rahmen, der notwendig ist, das Gesetz, das vorgeschrieben ist. Doch wenn er nicht mit Leben das heißt mit dem Herzen gefüllt wird, dann bleibt alles kalt. Gerade dies hat Jesus an den Frommen kritisiert. Sie beobachten peinlichst genau die Vorschriften. Aber sie haben kein Verständnis für solche, die anders sind; sie dünken sich über Gefühle erhaben.
Andererseits haben wir unsere Schwierigkeiten, wenn wir mit dem Gefühl lieben sollen. Wie kann man Gefühle so lenken, daß man wirklich den anderen mag? Wir können Sympathie, die Freude am anderen und die Freude an Gott nicht einfach herbei zaubern. Da gibt es manche Durststrecken, wo es uns schwerfällt, zum andern, sogar zu Gott ja zu sagen. Es gibt Schicksale, die wirklich erschütternd sind. Denken wir an jahrelange Krankheit oder an den Verlust des liebsten Menschen. Es gibt ein Leid, vor dem man nur verstummen kann. Da Gott auch mit dem Herzen zu lieben ist fast unmöglich, so scheint es. Es wird aber nicht verlangt, dass
wir verkrampft ein Gefühl herauspressen. Hier gilt es, einmal auch ohne Gefühl
auszuhalten, bis wieder die Freude einzieht.. Es kann sein, dass die Gottesliebe jahrelang etwas ist, wo das Herz nicht dabei sein kann, wo es schweigt. Das heißt noch lange nicht, daß wir deshalb Gott nicht lieben. Die Freude ist verborgen, wie es auch heißt, dass „unser Leben ist mit Christus in Gott verborgen ist "(Kol.3.3). Wenn wir in diesem Fall unseren guten Willen ohne das Gefühl vor Gott hinhalten, ist dies das Opfer, das ihm gefällt.
So ist es auch im Zusammenleben: Die Gefühle sind manchmal anders als unser guter Wille. Manches kommt hoch, worüber wir nicht bestimmen können. Wichtig ist, dass wir in einer solchen Situation nicht einfach alles hinwerfen. So befinden wir uns in einer Polarität zwischen Begeisterung, dem Ergriffensein, wo uns alles leicht fällt, und der harten Pflicht, wo es uns schwerfällt, Gott und die Mitmenschen zu bejahen. Es kann hilfreich sein , uns in schweren Zeiten an die guten zu erinnern, noch mehr an das, was uns Gott verheißen hat. Da kann ein Spruch aus der Hl. Schrift , den wir schon vergessen hatten, neu aufgehen.
Es ist merkwürdig, wie Gott in den Herzen der Menschen wirkt. In ihrem Büchlein "Von Gott zu reden ist gefährlich" spricht die russische Schriftstellerin Tatjana Goretschewa davon, dass sie nie etwas von Gott gehört und in ihrer Jugend und Studentenzeit mit dem Leben experimentiert hat. Um weiterzukommen versuchte sie es schließlich mit Yoga.
In dem Yogabüchlein war auch das Vaterunser vorgeschlagen. Man sollte das Vaterunser immer wieder aufsagen und diese Worte in sich aufnehmen. Im Üben wurde in ihr plötzlich alles anders. Sie hat gemerkt: Tatsächlich, es ist ein Vater im Himmel ! Ihr war, als ob in diesem Moment jeder Grashalm jubelte. Eine solche Freude ist eingezogen. Von da an wußte sie: jetzt bin ich gläubig, jetzt glaube ich an Gott. Sie hat sich mit ihren Kommilitonen zusammengetan und sie haben weiter über Weltanschauung diskutiert, aber jetzt über die christliche. Sie gründete einen Gesprächskreis für christliche Weltanschauung. Es entstand eine christliche Gemeinde völlig aus dem Nichts. Die Geschichte Goritschewas ist beeindruckend . Sie ist echt . Man spürt die Ergriffenheit, die Ehrfurcht und Innigkeit , mit der sie über ihren Glauben schreibt.. Sie zeigt auch:
Die Liebe zu Gott ist ein Geschenk. Sie ist wie ein Baum, der wächst. Man merkt es erst nach Jahren. Wir erfüllen dann das wichtigste Gebot, wenn wir für Neues und Überraschendes offen sind. Dann legen wir den Grund, dass in uns Güte und Menschlichkeit und echte Gottesliebe heranreifen. Gabengebet
Heiliger Gott,
diese Gabe werde zum reinen Opfer,
das deinen Namen groß macht unter den Völkern.
Für uns aber werde sie zum Sakrament,
das uns die Fülle deines Erbarmens schenkt.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Präfation, S. 427 ff.
KommunionversPs 16 (15), 11
Herr, du zeigst mir den Pfad zum Leben;
vor deinem Angesicht herrscht Freude in Fülle.
Oder:Joh 6, 57
So spricht der Herr:
Wie mich der lebendige Vater gesandt hat
und wie ich durch den Vater lebe,
so wird jeder, der mich isst, durch mich leben.
Schlussgebet
Gütiger Gott,
du hast uns mit dem Brot des Himmels gestärkt.
Lass deine Kraft in uns wirken,
damit wir fähig werden,
die ewigen Güter zu empfangen,
die uns in diesen Gaben verheißen sind.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
FÜR DEN TAG UND DIE WOCHE
Das Wort der christlichen Liebe darf bei uns nicht für die Kanzel reserviert sein, sondern soll zuerst in der Gemeinschaft gelebt werden. Das ist unser konkretes Übungsfeld, hier bekennen wir, dass Gott Liebe ist. Wie aber können wir unsere Schwester oder den Bruder nicht lieben, die wir sehen, und dann behaupten, wir liebten Gott, den wir nicht sehen? (Vgl. 1. Johannesbrief 4, 20) Nächstenliebe ist keine Theorie, die gepredigt, sondern eine Haltung, die gelebt werden soll. (Urban Federer)
P